: „Provinz Berlin“
■ CDU wirft SPD/AL-Senat Versagen vor / Mithilfe bei der Lösung des Übersiedlerproblems angeboten / DDRler sollen bleiben, Ausländer gehen
Die Berliner CDU will mit dem Senat über die „Grenzen der Aufnahmefähigkeit Berlins“ diskutieren. Der CDU -Landesvorsitzende Diepgen forderte gestern den Regierenden Bürgermeister Momper (SPD) auf, angesichts des anhaltenden Zuzugs von Aus- und Übersiedlern gemeinsam mit der CDU einen Gesprächskreis zum Thema „Chancen und Grenzen der Bevölkerungsentwicklung Berlins“ zu bilden. Die Aufnahme insbesondere der Flüchtlinge aus der DDR sei eine „menschliche, moralische und organisatorische Aufgabe und Herausforderung“ und bringe „schwere Probleme“ für Berlin. Die CDU trage für die Lösung der anstehenden Fragen genauso die Verantwortung wie der Senat, erklärte Diepgen. Sein Vorschlag: Es gehe nicht an, „Ausländer quasi ohne Beschränkung nach Berlin zu holen, dagegen Deutsche weiterzuschieben“.
Diepgen hatte auf einer Pressekonferenz eine Bilanz nach fünfeinhalb Monaten rot-grünen Senats gezogen. Er warf Momper vor, das „Großunternehmen Berlin“ schlecht zu führen. Zu Beginn des „politischen Herbstes“ blase dem Senat nach zahlreichen Pannen der Wind ins Gesicht. Der Senat versuche, „Berlin zur Provinz zu machen“.
Kritik übte Diepgen vor allem an Innensenator Pätzold. Der neue Ausländererlaß und das geplante Ausländerwahlrecht spalte die Stadt, bewirke sozialen Unfrieden und fördere Ausländerfeindlichkeit. Besonders groß sei das Versagen des Senats im Wohnungsbau: Bausenator Nagel kündige ständig Bauvorhaben an, die die Umweltsenatorin dann ablehne. Jede Neudiskussion des Flächennutzungsplans verzögere jedoch den Wohnungsbau. Deshalb dürfe „grundsätzlich keine Fläche für den Wohnungsbau tabu“ sein.
Senatssprecher Kolhoff bedankte sich gestern bei Diepgen dafür, „einige wertvolle Anregungen für die Umsetzung der rot-grünen Politik“ gegeben zu haben. Kolhoff gestand ein, daß der Senat „einige Fehler“ bei der öffentlichen Vermittlung von Entscheidungen gemacht habe. Der Senat sei jedoch „lernfähig“ und werde seine Fehler korrigieren.
Kolhoff warf Diepgen vor, persönlich in Bonn Stimmung gegen Berlin zu machen. Diepgen habe im Zusammenhang mit der Diskussion über die Aufnahme der Flüchtlinge in Berlin in Bonn dafür plädiert, über die Aufnahmequote, die der Senat gerade hatte senken wollen, Druck auf Berlin zu machen. In der Debatte über den Bundeshaushalt habe Diepgen die Bundesregierung aufgefordert, die Politik des Berliner Senats besonders genau unter die Lupe zu nehmen. In beiden Fällen habe sich der ehemalige Regierende Bürgermeister wie ein „Anti-Berliner“ verhalten.
taz
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