piwik no script img

Die Stadthalle - „Das Wunder von Bremen“

Ein neues Kleid und ein schönes Familienalbum für die Stadthalle zum 25. Geburtstag / Episoden aus dem Leben hinter dem Vorhang  ■  hier das Plakat

heute

Rolling Stones

„Die Rolling Stones waren, eskortiert von Polizei, zur Bürgerweide gefahren, eiserne Tore öffneten sich kurz, die schweren Wagen rollten in Halle Süd. Die harten Jungs langmähnig, mit vielen Ringen bestückt, grellbunt gewandet zeigten sich maulfaul und Mick Jagger verfiel sogar in

Melancholie, ihn würde wohl die Todesstrafe erwarten, wegen seines Rauschgiftverfahrens... In der Halle erwartete ihn eine trampelnde, jaulende, schreiende, schluchzende Menge aber sie ließ alles heil und beieinander.

Zahlreiche Ordner flitzten durch die Reihen, hin und wieder ausflippende Begeisterte mit einem Dämpfer zu versehen. „Lets Spend The Night Together“ donnerten die Rolling Stones los, doch der gefürchtete Beat-Exzess blieb aus. Die Polizei - unter ihnen die Beatle-erfahrene Leiterin der weiblichen Hamburger Polizei - erstickte jeden beginnenden Krawall im Keim.“

Stimmungsbilder aus den

Stadthallen-Annalen. Das Jahr 1967 schrieb man damals, das „Wunder von Bremen“ mit der „kühnen Dachkonstruktion“ war langsam akzeptiert in der Stadt.

September 1989: Noch wenige Stunden vor dem festlichen Defilee der Geburtstagsgäste glich die Stadthalle einer quirligen Baustelle. Gestern mittag tummelten sich Dutzende von Handwerkern in den neuen Räumen. Nichts deutete daraufhin, daß am Abend ein neues Kapitel Bremer Veranstaltungsgeschichte begonnen werden sollte.

In einem furiosen Finale wurden alle Skeptiker Lügen gestraft. Die hatten zwar für möglich gehalten, daß die obligatorische Bierstadt in der Halle pünktlich steht, für eine Eröffnung am gestrigen Abend aber schwarz gesehen. Doch der innige Wunsch der Stadthallen-Verantwortlichen, noch vor dem kommenden Wochenende die Umbauarbeiten abzuschließen und mit der Wiedereröffnung das 25jährige Jubiläum zu begehen, hatte obsiegt. So war der CDU nicht vergönnt, mit ihrem Bundesparteitag in Bremen den ersten Schritt auf das neue Parkett zu setzen.

Rechtzeitig zum Geburtstagsfest legte die Stadthalle eine 200 Seiten starke Chronik ihrer Historie vor. Hinter dem hausbackenen Titel „25 Jahre Stadthalle Bremen“ verbirgt sich eine illustre

Ahnengalerie der Stars und Starlets, die im Laufe der Zeit im Rampenlicht der Halle standen. „Ich wüßte nicht, wer nicht hier war“, prahlte Stadthallen-Geschäftsführer Heinz Seesing ein bißchen bei der Vorstellung der Chronik. Von Max Schmeling, der den Startschuß für das erste Sechs-Tage -Rennen 1965 gab, über Nina Hagen („Ick kenne dieses Kaff gar nicht, aber an der

Halle kommste nich‘ vorbei.“) und Willi Winzig, jene legendäre Finanzbeamten-Schöpfung von Heinz Erhardts Gnaden, bis zu Florence Griffith-Joyner, die in diesem Jahr die Six -Days eröffnete.

Im Buch ist vieles nachzulesen, was dem gewöhnlichen Besucher in aller Regel verborgen bliebt. Harry Belafontes Bühnenan- weisungen zum Beispiel. Da ist

pedantisch aufgelistet, was der große Sänger alles vorzufinden wünscht. Unter anderem einen Blumenstrauß für exakte 150 Mark, die ihm „von einer hübschen, netten, möglichst blonden Dame überreicht werden“ soll.

„Das einzige, was ich da nicht reinschreiben konnte“, sagte Heinz Seesing,„ist wie die Behörden teilweise mit uns umgegangen sind“.

Andreas Hoetzel

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen