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Mazowiecki benennt seine Mannen

■ Der neue polnische Ministerpräsident sellt Kabinettsliste fertig / Anhörung der Kandidaten beginnt sehr wahrscheinlich schon am Freitag / Kommunisten sollen außer dem Verteidigungs- und Innenministerium noch zwei Ressorts erhalten / Jacek Kuron wird Arbeitsminister

Warschau (dpa) - Der neue nichtkommunistische polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki stand gestern offenbar kurz vor Abschluß der Kabinettsliste. In Warschau wurde damit gerechnet, daß sie bereits an diesem Donnerstag dem Parlamentspräsidenten Mikolaj Kozakiewicz vorliegt, so daß am Freitag mit der Anhörung der Kandidaten in den Ausschüssen begonnen werden könnte. Vorher wird Mazowiecki wahrscheinlich noch die Fraktion der Solidarität unterrichten, die gestern ohne ihn in Warschau zusammentrat.

Aus gut informierten Parlamentskreisen verlautete, daß die Kommunisten außer dem Verteidigungs- und dem Innenministerium die Ministerien für Transportwesen sowie ein Wirtschaftsressort erhalten. Angeblich soll auch der zur Partei gehörige bisherige Außenminister Tadeusz Olechowski im Amt bleiben. Wie weiter zu hören war, will Solidarität die Ministerien für Industrie, Bildung, Bauwesen, Post und Arbeit sowie den Vorsitz im Rundfunk- und Fernsehkomitee übernehmen. Im Gespräch ist auch das Finanz- oder das Außenhandelsministerium. Der Bürgerrechtler Jacek Kuron bestätigte, daß er Arbeitsminister wird. Die übrigen Namen wurden noch geheimgehalten.

Mazowiecki sprach gestern mit dem Vorsitzenden und dem Fraktionschef der Bauernpartei (ZSL), Roman Malinowski und Aleksander Bentkowski. Wie es hieß, hat er dem ZSL die Ministerien für Gesundheit, Landwirtschaft, Justiz und Umweltschutz angeboten. Justizminister soll angeblich Bentkowski werden, der zu den Initiatoren der Koalitionswende gehört.

Der andere Koalitionspartner der Solidarität, die Demokratische Partei, soll angeblich die Ministerien für Binnenmarkt und Kultur erhalten. Vor seiner Abreise in die Bundesrepublik hatte Lech Walesa sich in Warschau noch mit den Vorsitzenden der Bauernpartrei und der Demokratischen Partei getroffen. Walesa äußerte sich optimistisch, daß man bei seiner Rückkehr am Freitag schon die Kabinettsliste kennen werde.

Aufsehen erregten gestern die Umbesetzungen auf Schlüsselpositionen der Armee. Wie die Zeitungen berichten, ernannte Staatspräsident Wojciech Jaruzelski neue Oberbefehlshaber der drei Militärbereiche Pommern, Schlesien und Warschau.

Einen neuen Impuls für das Verhältnis zwischen Bonn und Warschau erhofft sich Mazowiecki von der Ernennung des katholischen Publizisten Mieczyslaw Pszon zum Beauftragten für die Verhandlungen mit der Bundesrepublik. Pszon (73) gehört zum Redaktionsstab der Krakauer katholischen Wochenzeitschrift 'Tygodnik Powszechny‘, hat sich seit Jahren für eine Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen eingesetzt und eine Erklärung deutscher und polnischer Katholiken zum Jahrestag des Kriegsbeginns ausgearbeitet.

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