: Berliner REPs unter Polizeischutz
■ REP-Abgeordnete fühlen sich von Parteifreunden bedroht / Parteichef Schönhuber hebt Beschlüsse der Berliner REP-Fraktion auf / Zuvor hatte die Fraktion den Landesvorstand der Ämter enthoben
Berlin (taz) - Der Machtkampf unter den Berliner „Republikanern“ nimmt immer abenteuerlichere Formen an. Wie die Abgeordneten der rechtsradikalen Partei gestern berichteten, stehen sie jetzt alle unter Polizeischutz. Sie wären teils telefonisch, teils körperlich bedroht worden „wir vermuten, von Parteifreunden des Bernhard Andres“. Der 38jährige Bernhard Andres ist Landesvorsitzender der Berliner REPs. Zwischen ihm und der Rathaus-Fraktion tobt seit Wochen ein Kampf um die Führungsrolle im Landesverband. Vor ungefähr einer Woche forderten acht der elf Berliner Kreisverbände und 38 Mandatsträger in einem offenen Brief den Bundesvorsitzenden Schönhuber auf, den Vorsitzenden Andres und seine beiden Stellvertreter aller Ämter zu entheben. Andres, beklagten sie, agiere „wie ein Diktator“. Die Parteileitung lehnte aber mit Verweis auf die Parteisatzung ab.
Am ersten September revoltierte die Rathaus-Fraktion. Nach einer Sitzung verkündete sie: „Andres und seine Stellvertreter sind mit sofortiger Wirkung aller ihrer Ämter enthoben.“ Andres billige beispielsweise körperliche Gewalt gegen Parteimitglieder, nannten die Fraktionsmitglieder als Begründung. Wegen „versuchter Nötigung von Verfassungsorganen“ zeigten überdies acht der zehn REP -Abgeordneten den Landeschef bei der Staatsanwaltschaft an.
Der Aufstand der Berliner REP-Basis eskalierte noch am selben Tag. Im fernen München hob REP-Chef Schönhuber die Berliner Beschlüsse auf und drohte offen mit Parteiausschlußverfahren. „Dümmliche, persönliche Rivalitäten“ der Berliner Funktionäre hätten der Partei „schwersten Schaden“ zugefügt. „Der Vertrauensvorschuß für die Berliner Parteiführung und Fraktion ist verbraucht“, beschwerte er sich schriftlich bei den Berliner Parteifreunden. Satzungsgemäß könne nur das Bundespräsidium Ordnungsmaßnahmen gegen den Landesvorstand ergreifen. Die Anweisung aus München: „Alle getroffenen Ordnungsmaßnahmen sind nach Gesetz und Satzung unwirksam.“
Andres‘ Kontrahenten bekräftigten gestern dennoch ihren Beschluß. Die Suspendierung des Landesvorstandes sei satzungskonform, da es sich um eine „Notstandssituation“ gehandelt habe. Der frühere Kreisvorsitzende der Jungen Union und jetzige REP-Abgeordnete, Carsten Pagel: „Die Partei drohte auseinanderzubrechen und die Basis wegzusacken.“ Populist Andres weist alle Vorwürfe gegen seine Person kategorisch zurück. Sein Kommentar zur „Amtsenthebung“: „Der Vorsitzende bin ick.“ Wie es im Berliner Landesverband weitergeht will nun das Präsidium am 10. September in Hannover entscheiden. Für den Vortag ist in Hannover ein Sonderparteitag der niedersächsischen REPs einberufen worden. Wie in Berlin ist auch dort der Landesverband tief gespalten, bekämpfen sich die verschiedenen Funktionäre mit Amtsenthebungen und Ausschlußverfahren. In beiden Fällen sieht die Parteileitung Neuwahlen als einzigen Ausweg. Parteichef Schönhuber fürchtet um das Renommee seiner Truppe. Die zerstrittenen Funktionäre sollen solange still halten. Damit das dann bleibt, soll das Bundespräsidium am Sonntag einem Wunsch Schönhubers Beschlußkraft geben: „Wer zum Schaden der Partei an die Presse geht, hat sofort mit einem Parteiausschlußverfahren zu rechnen.
Wolfgang Gast
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