: „Kühne“ Wohnungsbau- Versprechen aus Bonn
■ Bauverbandspräsident Herion: 1989 werden nur 230.000 neue Wohnungen fertig
Bonn (dpa) - Trotz neuer Fördermaßnahmen im Wohnungsbau wird der durch Über- und AussiedlerInnen enorm verstärkte Bedarf an Wohnungen nach den Erfahrungen der Bauwirtschaft nicht sofort gedeckt werden können. Der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Günther Herion, nannte am Mittwoch die von der Bundesregierung eingeplanten eine Million neuen Wohnungen binnen drei Jahren „kühn“. Von der Genehmigung bis zur Fertigstellung brauche der Wohnungsbau etwa zwei Jahre. Der Verband geht für dieses Jahr von nur 230.000 Wohnungen aus, nach 208.000 im letzten Jahr.
Unter Bezug auf das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung nannte Herion einen jährlichen Bedarf an neuen Wohnungen von rund 400.000 Einheiten. Der Baupräsident verlangt deshalb von der Bundesregierung und vom Gesetzgeber zusätzliche Maßnahmen für den Wohnungsbau. So solle Bonn die für 1990 geplanten 1,6 Milliarden Mark für den sozialen Wohnungsbau in den Folgejahren nicht wieder abbauen. Zudem sollte über verstärkte Abschreibungen privaten Investoren größere Anreize für den Mietwohnungsbau gegeben werden. Andererseits sei es dringende Aufgabe der Kommunen, verstärkt Bauland bereitzustellen.
Die Kapazitäten der Bauwirtschaft seien dagegen ausreichend; von einem Auftragsstau könne keine Rede sein. Die Bauherren müßten sich aber „wieder an normale Baupreise gewöhnen“, die nach Zuwächsen von einem bis zwei Prozent in den letzten Jahren „jetzt bei vier bis fünf Prozent“ lägen. Probleme bereitet der Branche aber nach wie vor der Fachkräftemangel.
Nach Angaben Herions konnten Aus- und Übersiedler nach den „ersten Erfahrungen“ nicht wie erwartet für die „Arbeit unter freiem Himmel“ gewonnen werden, sondern ziehen sich lieber „den weißen Kittel“ an. Außerdem müßten die Fachkräfte, die aus der DDR kämen, wegen der dort vorherrschenden Fertigbauweise umgeschult werden.
Die Bauindustrie erwartet für das laufende Jahr im gesamten Bauhauptgewerbe einen Zuwachs des Bauvolumens zwischen vier und fünf Prozent. Herion bestätigte zwar, daß die vom Bund den Ländern gewährte Strukturhilfen von jährlich 2,45 Milliarden Mark mit einem Anteil von zwei Milliarden Mark allein für Baumaßnahmen „gut laufen“. Anders als im Gesetz verankert, habe die Bauwirtschaft aber „hohe Mitnahmeeffekte“ erkannt: In den Kommunen würden vor Monaten zurückgestellte Bauprojekte mit den Bonner Hilfen wieder aufgegriffen. Der Verband vermutet „Augenzwinkern zwischen Bund und Ländern, um das Projekt nicht zu gefährden“.
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