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Neues Zeugnisverweigerungsrecht

■ Berlin und Hamburg planen Bundesratsinitiative zum Schutz von JournalistInnen und Informanten / Schutz auch für selbst recherchiertes Material / IG Medien begrüßt Vorstoß

Berlin (taz/dpa) - In Abstimmung mit anderen SPD-regierten Bundesländern planen Berlin und Hamburg eine Bundesratsinitiative zur Erweiterung des Zeugnisverweigerungsrechts für Journalisten. Der Berliner Senat beschloß am Dienstag, einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den Bundesrat einzubringen. So soll das Zeugnisverweigerungsrecht der Presse und die damit verbundene Beschlagnahmefreiheit nicht mehr nur für sogenanntes Fremdmaterial von Dritten oder Informanten gelten. Journalisten, Kameraleute oder Fotografen sollen auch für von ihnen selbst recherchiertes und erarbeitetes Material ein Zeugnisverweigerungsrecht bekommen. Ihre Recherchen oder ihr Fotomaterial sollen anders als bisher auch vor gerichtlicher Beschlagnahme geschützt sein. Das Zeugnisverweigerungsrecht soll darüber hinaus auch auf diejenigen ausgedehnt werden, die mit der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von Filmberichten beschäftigt sind und nicht nur auf Journalisten bei periodisch erscheinenden Publikationen beschränkt sein. Das Beschlagnahmeverbot und Zeugnisverweigerungsrecht soll nur dann nicht gelten, wenn es um die Aufklärung oder Verfolgung besonders schwerwiegender oder gemeingefährlicher Straftaten geht. Zu diesen Straftaten zählt der Berliner Vorschlag allerdings neben Mord, schwerer Körperverletzung, Hochverrat oder Vorbereitung eines Angriffskrieges auch den umstrittenen Paragraphen 129a. Die Berliner AL bezeichnete den verabschiedeten Vorschlag deshalb gestern auch als Kompromiß.

Hamburgs Justizsenator Curilla (SPD) kündigte am Dienstag einen ähnlichen Vorstoß wie Berlin an. Mit Berlin hat sich Hamburg offenbar auch über den Katalog von Straftaten verständigt, die auch künftig von dem Zeugnisverweigerungsrecht ausgeklammert sein sollen.

Hintergrund dieser Gesetzesinitiative sind die sich häufenden Beschlagnahmeaktionen von Staatsanwaltschaft und Polizei bei Zeitungsredaktionen, Fernsehanstalten und Fotografen. Meist ging es in den letzten Jahren dabei um die erzwungene Herausgabe von Film- und Fotomaterial in Zusammenhang mit Demonstrationen. Zuletzt war dieses Thema u.a. bei den Protesten gegen die Tagung des Internationalen Währungsfonds in Berlin aktuell geworden. 1987 hatte das Bundesverfassungsgericht in einem umstrittenen Grundsatzurteil die Beschlagnahme von Filmmaterial beim ZDF ausdrücklich gebilligt. Bei dem beschlagnahmten Material, so hatten die Richter ihre Entscheidung begründet, habe es sich nicht um das Material von Dritten, sondern um selbst erstellte Aufnahmen des ZDF gehandelt. Für eigene Recherchen und eigenes Material gelte das Zeugnisverweigerungsrecht nicht. Dieses Urteil mache deutlich, daß die bisher geltenden Regelungen „die Gefahr einer nicht vertretbaren Beeinträchtigung der grundgesetzlich geschützten Arbeit von Presse, Rundfunk und Fernsehen in sich bergen“, heißt es jetzt in der Begründung des Berliner Senats für die Gesetzesintiative. Die IG Medien begrüßte gestern die Initiative als „Schritt in die richtige Richtung“, der in der Tendenz dem entgegenkomme, was sie seit langem gefordert habe.

Ve.

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