Walesa trifft Kapital und Arbeit

Düsseldorf/Bochum (taz) - Bei den Gesprächen des polnischen Gewerkschaftsführers Lech Walesa mit Vertretern des Ost -Ausschusses der Deutschen Wirtschaft haben die Industriellen sich am Mittwoch gegen pauschale Kredite für Polen gewandt und von der Bundesregierung gleichzeitig eine großzügige Verbesserung der Hermes-Bürgschaften verlangt. Darüber hinaus fordern sie einen „deutsch-polnischen Investitionsförderungsvertrag“, von dem neue Impulse für deutsche Direktinvestitionen zu erwarten seien. In Polen selbst müßten alle politisch relevanten Kräfte einen „Konsens“ über ein wirtschaftliches Sanierungskonzept erzielen.

Nach dem Besuch bei den Bossen nahm Walesa an einer Betriebsversammlung bei der Krupp-Stahl AG in Bochum teil. Nach dem Bericht über die wirtschaftliche Situation bei Krupp sagte der Solidarnosc-Chef: „Ich würde natürlich gern tauschen mit euch, was die Schwierigkeiten anbetrifft.“ Er sei beeindruckt von „den schönen Städten und den schönen Autos“. Dann gab Walesa den Kruppianern die Empfehlung, sich gegenüber dem Arbeitgeber zu bemühen, „das meiste für euch und eure Familien herauszuholen“, um sogleich hinzuzufügen: Aber „benehmt euch trotzdem wie anständige Bakterien, zerstört nicht den Zweig, auf dem ihr sitzt“. Er sei gekommen, „damit wir gemeinsam die Systeme ändern“. In welche Richtung das gehen soll, umschrieb der häufig beklatschte Walesa so: „Wenn unser System in der Sahara Anwendung finden würde, gäbe es dort sicherlich nach sechs Wochen keinen Sand mehr.“

J.S.