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Gute Laune

■ ...verbreitete Bill Withers am Mittwoch im Modernes

Gute Laune hat's nicht oft in diesen düsteren Zeiten. Wenn wir ins Konzert gehen, dann wollen wir aber gute Laune haben, dafür bezahlen wir ja schließlich auch. Und davon lassen wir uns nicht abbringen, nee, wir sind begeistert basta! Und zwar vom ersten Ton an, denn wir wissen von Anfang an, daß wir in einem geilen Konzert sind. Dabei lassen wir uns nicht von einer Begleitgruppe irritieren, die leider doch nicht nur die Vorgruppe war.

Bill Withers, in unscheinbarem Outfit - graue Hose und 08/15-Pullover - so gar nicht Soulstar, wirkte eher wie ein netter älterer Herr aus der Nachbarschaft. Die Begeisterung, die ihm entgegenschlug, schien der inzwischen über 50jährige sichtlich zu genießen. So waren die schönsten Augenblicke des Konzerts immer die kurzen Geschichten, mit denen er seine Songs einleitete. Erfahrungen und Weisheiten eines gereiften Mannes, der mit Selbstironie und ein bißchen Wehmut an seine ungestüme Jugend zurückdenkt. Wenn er seine bekannten Hits aus den 70ern brachte, wie „Ain't no sunshine“, „Grandma's hands“, „Lovely Day“ usw., konnte mensch manchmal sogar die Begleitung ignorieren. Seine Stimme hat immer noch die Kraft und dieses eindringlich softsoulige Timbre. Letztlich hätte ich einen Playback -Auftritt vorgezogen.

Nicht so die überwältigende Mehrheit im gut gefüllten Modernsten. Noch das sülzigste Key

board-Getöne wurde mit Begeisterung goutiert. Und als dann gar Bill Withers der Versuchung des Entertainers nicht widerstehen konnte und zum Mitklatschen und

-singen animierte, tobte der Saal. Rasender Applaus, als Withers nach einer knappen Stunde die Bühne verließ. In der ersten Zugabe wurde das erfolgreiche Spiel wiederholt: 10 Minuten „Call me und jetzt alle“. Als Withers zur zweiten Zugabe nicht schnell genug wieder auf der Bühne erschien, mischten sich schon deutliche „Buhs“ in den frenetischen Applaus. Und dann kam der absolute Höhepunkt des Konzerts:

Withers Hit „Harlem“, von anwesenden KennerInnen nachdrücklich gefordert. Die Gruppe zertrümmerte diesen schönen Song, der v.a. von der anschwellenden Dynamik des Sounds und dem sich steigernden Rhythmus lebt (so'ne Art Soul-Bolero), unter ihrer Inkompetenz. Die Begeisterung erreichte jetzt Ostkurven-Flair. Wir hatten besinnungslos gute Laune am Mittwoch, ehrlich, Du. Arnaud

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