: Betriebsverfassungsschutz im Ketchup-Eimer
McDonalds läßt Betriebsräte feuern / Heute beginnt ein Arbeitsgerichtsprozeß gegen einen Betriebsrat mit sieben Abmahnungen und sechs Kündigungen / Entlassungen trotz Kündigungsschutz / Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten „mehr als vorsichtig“ ■ Aus Dortmund A. Stiglmayer
„Das etwas andere Restaurant“ - so wirbt der Fast-Food-Multi McDonald's für sich, und „etwas anders“ geht es bei McDonald's vor allem hinter den Kulissen zu. Betriebsräte beispielsweise schmecken dem Fast-Food-Giganten überhaupt nicht. Nur sieben der bundesweit knapp 300 Filialen haben einen.
Jüngstes Mitglied in dem „privilegierten“ Kreis der Eß -Schuppen mit Betriebsrat ist seit zwei Monaten eine der beiden Dortmunder McDonald's-Filialen. Der Betriebsrat mußte allerdings hart erkämpft werden, und die Konflikte sind noch nicht vorbei: Zwei der fünf Betriebsratsmitglieder wurden entlassen und haben Hausverbot.
Einer der beiden ist der 32jährige Wilfried Jentzsch. Als er sich im Frühjahr für eine Betriebsratswahl bei Mc'Donald's in Dortmund engagierte, bekam er plötzlich kurz hintereinander sieben Abmahnungen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Unternehmen, die Mächtel GmbH, die als Lizenznehmer für McDonald's fungiert, allerdings fünf Jahre lang nichts an ihm auszusetzen gehabt. Als Wilfried Jentzsch von der Betriebsversammlung nach Hause kam, auf der er in den Wahlvorstand gewählt worden war, lag die Kündigung im Briefkasten.
Gegen die Kündigung hat Wilfried Jentzsch sofort Widerspruch eingelegt, und heute wird sich das Dortmunder Arbeitsgericht mit dem Fall beschäftigen. Doch auch wenn Jentzsch diesen Prozeß gewinnt - mittlerweile stapeln sich sechs weitere Kündigungen bei ihm.
Ähnlich erging es seinem Betriebsratskollegen Metin Aytulun. Er ist ebenfalls mehrfach ein entlassener, aber gewählter Betriebsratsvorsitzender, der jetzt auf seine Prozeßtermine wartet.
Die Arbeit des nun dreiköpfigen Betriebsrates gestaltet sich deswegen schwierig, berichtet die Betriebsrätin Gertrud Garske. „Im Moment geht alles durcheinander. Wir sind ständig damit beschäftigt, die Kündigungen der zwei Kollegen abzulehnen. Für andere Aufgaben bleibt da kaum noch Zeit.“ Dabei gäbe es für den Betrieb einiges zu tun: Überstunden seien die Regel, würden aber nicht höher bezahlt - bei einem Stundenlohn zwischen 8 und 9,15 Mark. Pausen würden oft völlig willkürlich festgesetzt, das Umkleiden fällt nicht in die Arbeitszeit.
McDonald's-Lizenznehmer Mächtel hat nicht nur Einwände gegen einzelne Betriebsratsmitglieder, sondern gegen den Betriebsrat als solchen und ist mit zwei Klagen vors Gericht gezogen. Da es in Dortmund ja noch eine McDonald's-Filiale gibt, sei - wenn schon ein Betriebsrat - für beide Niederlassungen ein Gesamtbetriebsrat zu wählen, argumentiert das Unternehmen. Außerdem sei das Wahlverfahren anfechtbar.
In dem ganzen Hickhack um den Betriebsrat vermissen die Mitarbeiter die Hilfe von der Gewerkschaft Nahrung-Genuß -Gaststätten, NGG, in Dortmund. Anstatt sie bei der Bildung eines ordentlichen Betriebsrates zu unterstützen, habe die Gewerkschaft ständig auf eine Vereinbarung über eine einzige „gewerkschaftliche Vertrauensperson“ verwiesen, die sie kurz vorher mit der Geschäftsleitung abgeschlossen hatte. Die Gewerkschaft sei „mehr als vorsichtig“, urteilen die Dortmunder Betriebsräte. Im Augenblick verhandelt die NGG mit McDonald's Deutschland über einen Kompromiß: für einzelne Regionen sollen Gesamtbetriebsräte zuständig sein. Die Verhandlungen stehen kurz vor dem Abschluß.
Das Anti-Fast-Food-Büro „Volksmund“ berichtet in diesem Zusammenhang über den Fall des Betriebsratsvorsitzenden Wasit Bukari in Frankfurt, dessen Arbeitsgerichtsprozeß ungewöhnlich endete: Die Gewerkschaft Nahrung-Genuß -Gaststätten empfahl ihm, 20.000 Mark Abfindung von McDonald's anzunehmen und seinen Job aufzugeben. Er tat es. Schwerpunkt der NGG-Aktivitäten im Moment: der Kampf um Vollwertkost in den Kantinen.
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