: New Sunday Papers
■ 'Correspondent‘ bringt seit gestern eine Sonntagsausgabe auf den Markt
Die britischen Sonntage haben seit gestern eine neue Qualität, wenn man dem 'Sunday Correspondent‘ glauben darf. Gestern erschien die erste Ausgabe dieser neuen „Qualitätszeitung“, die den seit 28 Jahren ruhigen Markt aufgescheucht hat. Bisher hatten die 'Sunday Times‘, der 'Observer‘ und der 'Sunday Telegraph‘ die Leser unter sich aufgeteilt. Der 'Correspondent‘ hat bei den anderen Zeitungen hektische Betriebsamkeit ausgelöst.
Der 'Observer‘ hat vor lauter Panik gleich sein ganzes Konzept über den Haufen geworfen. Seit einer Woche erscheint er mit neuer Schrift, weißerem Papier, mehr Sport, mehr Reiseseiten und mehr Buchbesprechungen. Damit will er seine Auflage von knapp 700.000 Exemplaren halten, die so eben zum Überleben reicht. Der 'Correspondent‘ will 362.000 Leser von den anderen Zeitungen abwerben. Das ist ihm zwar zuzutrauen, doch kein Medienexperte glaubt, daß diese Auflage kostendeckend sei. Andrew Knight vom 'Telegraph‘ hält nicht einmal die doppelte Auflage für rentabel.
Die größte Gefahr droht dem 'Correspondent‘ jedoch von der Tageszeitung 'Independent‘, dessen Leser die Hauptzielgruppe des 'Correspondent‘ ausmachen. Am letzten Dienstag gab Herausgeber Andreas Smith bekannt, daß sein 'Independent‘ ab Januar ebenfalls eine Sonntagsausgabe produzieren werde. Für zwei neue Sonntagszeitungen ist auf dem ständig schrumpfenden Markt jedoch kein Platz. Mit seiner Ankündigung will Smith dem 'Correspondent‘ offenbar das Geschäft verderben, zumal seine Zeitung es als einzige ablehnte, Anzeigen des 'Correspondent‘ entgegenzunehmen.
Lediglich Rupert Murdoch, dessen 'Sunday Times‘ mit 1,3 Millionen verkauften Exemplaren den größten Marktanteil beansprucht, läßt sich von der neuen Konkurrenz nicht beeindrucken. Er steigt derweilen beim ungarischen Boulevardblatt 'Reform‘ ein, das zu 15 Prozent der KP Ungarns gehört. Murdoch bringt Geld und kreative Ideen für den Gebrauch der Seite 3 ein, die in seinen eigenen Blättern nackten Frauen vorbehalten ist. Die Beteiligung bei 'Reform‘ verspricht ein lukratives Geschäft zu werden. Das Wochenblatt, das erst vor einem Jahr auf den Markt kam, hat seitdem 1,75 Millionen Mark Profit gemacht. Murdoch sagte, daß er sich nicht in die inhaltliche Gestaltung einmischen wolle - jedenfalls nicht mehr als die Kommunistische Partei.
Ralf Sotscheck
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen