piwik no script img

„Özal verhält sich wie ein Krämer“

Die Führungsriege der Kommunistischen Partei der Türkei (VKPdT) will heute aus dem Exil zurückkehren / ZK-Mitglied Ahmet Kardam, der in Berlin gelebt hat, erklärt, warum  ■ I N T E R V I E W

taz: Ahmet Kardam, Sie wollen heute nach acht Jahren Exil wieder in die Türkei zurückkehren, obwohl andere politische Flüchtlinge, die diesen Schritt vor Ihnen getan haben, bereits bei ihrer Ankunft am Flughafen festgenommen wurden.?

Ahmet Kardam: Es kann sein, daß wir auch festgenommen und gefoltert werden. Es gibt keinen Grund für unsere Festnahme oder Folterung. Wir haben nichts zu verbergen. Die Regierung und Staatspräsident Evren haben schon mehrfach gesagt, daß die Kommunistische Partei legalisiert werden soll.

Glauben Sie, daß eine Legalisierung der KP bevorsteht?

Ja, sicher! Das Thema steht auf der Tagesordnung in der Türkei. Die Frage ist: Wann? Wir sagen, daß die Legalisierung der KP heute geschehen muß. Aber die Regierung versucht, Zeit zu schinden. Wir kehren zurück, um diesen Prozeß zu beschleunigen.

Verhindert das Militär die Legalisierung?

Ja. Aber Staatspräsident Evren vertritt die Meinung des Militärs, und er hat vor einem Jahr bei seinem Besuch in der BRD gesagt, daß die Kommunistische Partei legal sein muß. Es besteht offenbar ein Konsens in dieser Frage. Doch es müssen die entsprechenden Schritte folgen.

Welche?

Die regierende Partei hat die Mehrheit im Parlament. Und auch die Opposition hat erklärt, daß sie für eine Veränderung des Strafgesetzes eintreten will.

Hinter den Demokratisierungsangeboten der Regierung läßt sich leicht die Absicht erkennen, sich der EG anzunähern. Ohne politische Reformen, ohne Strafrechtsreformen und ohne eine Verbesserung der Menschenrechtssituation in der Türkei ist das ganz sicher nicht möglich.

Das türkische Volk braucht diese Freiheiten sowieso, auch unabhängig von der EG. Aber Özal verhält sich wie ein Kaufmann: Nehmt die Türkei in die EG auf, dann werden wir mehr Demokratie haben. Mit dem heutigen Zustand von Demokratie und Menschenrechten in der Türkei soll die EG die Türkei nicht aufnehmen.

Interview: Dorothea Hahn

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen