: UdSSR kippt START-Hürden
■ Ein Abkommen über Langstreckenraketen soll nicht mehr an US-Verzicht auf SDI gekoppelt sein
Jackson Hole (afp/ap/taz) - Ein Abkommen über die 30- bis 50prozentige Reduzierung der strategischen Raketen (START) ist nähergerückt: die UdSSR macht den Abschluß eines START -Vertrages mit den USA bei den Genfer Verhandlungen nicht mehr vor einer Einigung über die SDI-Entwicklungen der USA sowie die weitere Gültigkeit des Raketenabwehrvertrages (ABM) von 1972 abhängig. Dies erklärte der sowjetische Außenminister Schewardnadse zum Abschluß seiner zweitägigen Beratungen mit seinem US-Amtskollegen Baker in dessen Feriensitz Jackson Hole, Wyoming.
Die UdSSR ist darüber hinaus bereit, auf Wunsch der USA die Frage seegestützer Cruise Missiles vorläufig aus den START -Verhandlungen auszuklammern und die von Washington als Verstoß gegen den ABM-Vertrag und Hindernis für einen START -Vertrag gewertete Radaranlage im sibirischen Krasnojarsk zu verschrotten. Schewardnadse erklärte außerdem die Bereitschaft Moskaus, in die Wiener Verhandlungen über konventionelle Stabilität in Europa (VKSE) weit mehr der eigenen Kampfflugzeuge als bislang einzubringen. Er schlug als künftiges Limit für die Kampfflugzeuge auf jeder Seite 4.700 (Nato-Vorschlag 5.700), sowie gesonderte Obergrenzen für Abfangjäger vor. Schewardnadse schlug ein Gipfeltreffen aller Staats- und Regierungschefs der Nato und Warschauer -Pakt-Staaten im kommenden Jahr zur Unterzeichnung eines Wiener Abkommens vor. Für die erste Hälfte 1990 ist ein Gipfeltreffen zwischen Präsident Bush und Parteichef Gorbatschow voraussichtlich in Washington geplant. Die beiden Außenminister unterschrieben eine Vereinbarung, die den Austausch aller Chemiewaffendaten bis zum Jahresende sowie gegenseitige Inspektionen der C-Waffenarsenale und Produktionsstätten vom 30. Juni 1990 an vorsieht.
Bush kündigte für seine für heute geplante Rede vor der UNO -Vollversammlung eine „neue Initiative“ an, die „die Welt näher an ein Verbot chemischer Waffen“ heranbringen werden. Ebenfalls unterschrieben wurde ein Abkommen über die Überwachung von Atomtests. Nach der erwarteten Ratifizierung durch den US-Senat können dann die beiden bereits 1974 und 1976 ausgehandelten Verträge über die Begrenzung von Tests auf 150 Kilotonnen in Kraft treten.
Bezüglich START einigten sich beide Seiten auf eine „Versuchs-Verifikation“ der Techniken, die die jeweils andere Seite zur Ortung und Identifizierung strategischer Systeme benutzt. Schewardnadse erklärte, Moskau beharre auch nach seinem Entgegenkommen bei SDI auf die weitere Einhaltung des ABM-Vertrages und behalte sich bei dessen Verletzung durch die USA einen Ausstieg aus einem künftigen START-Abkommen vor.
azu Kommentar Seite 8
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