: Bremer Kripo spielt Razzia
■ Konzertierte Polizeiaktion gegen Drogenhandel / 15 Bremer Wohnungen und eine Kneipe durchsucht
Wohl selten wird ein Polizeieinsatz mit Szenenapplaus auf offener Straße begleitet. Gestern morgen ab sechs Uhr, als die Bremer Kriminalpolizei mit weit über 100 Beamten zu einem Schlag gegen den organisierten Drogenhandel ausholen wollte, konnte sie der ungeteilten Zustimmung der anwesenden Gröpelinger Bevölkerung sicher sein. Zeitgleich drang die Polizei in sechzehn Gebäude in Bremen und Delmenhorst ein, darunter auch in das Lokal „Klönschnack“ in der Gröpelinger Heerstraße. Die
durchsuchten Wohnungen lagen rund um den Gröpelinger Liegnitzplatz, einen der neuen Bremer Drogen-Umschlagplätze, sowie in den Stadtteilen Steintor, Walle, Neustadt und Blockdiek.
24 Personen nahm die Polizei vorläufig fest, in der Mehrzahl türkische Kurden, wie der den Einsatz leitende Kriminalrat Haase der Presse mitteilte. Ihre Identität allerdings konnte bis gestern nicht festgestellt werden. Ebensowenig war die Polizei in der Lage zu sagen'ob es sich bei den Festgenommenen um Konsu
menten oder Kleindealer handelt. Auch in Anbetracht der geringen Menge sichergestellten Heroins sind Zweifel angebracht, ob man bei der „groß angelegten Durchsuchungsaktion“ (Polizei) tatsächlich von einem erfolgreichen Schlag gegen die „Drogenumschlagplätze“ sprechen kann.
Vermutet werden darf, daß der konzertierte Einsatz eine unmittelbare Reaktion auf den zunehmenden Unmut in der Bevölkerung, auf Klagen der Oppositionsparteien, daß die Bremer Politik und Polizei untätig das Ent
stehen weiterer Drogenum schlagsplätze beobachtet, ist. Erst in der vergangenen Woche hatte der CDU-Fraktionsvorsitzende Kudella mit dem Fall eines vermeintlichen kurdischen Drogenhändlers die Innenbehörde unter Druck setzen wollen. Die öffentlich gemachten Behauptungen des CDU-Politikers ließen sich allerdings bis heute nicht bestätigen.
Der Leiter der Kriminalpolizei, Möller, begründete den Zeitpunkt des Einsatzes mit den langwierigen Ermittlungen, die dem Antrag auf Durchsuchung vorweggingen. Die Polizei sei „mit dem Ermitteln nicht mehr nachgekommen“, weil die Gröpelin
ger Szene sehr viel schneller gewachsen sei als die im Ostertor. Die geringe Ausbeute der Durchsuchungen wollte Möller nicht als Schlag ins Wasser gelten lassen. Erst in den nächsten Tagen, nach intensiver Auswertung der Funde, könne darüber Auskunft gegeben werden. Keine Veranlassung sahen Möller und Haase auch, den Gerüchten Glauben zu schenken, denen zu Folge die morgendliche Aktion vorher an die Drogenszene „verpfiffen“ worden sei. Augenzeugen der Durchsuchungen berichteten, daß anwesende Polizisten die Vermutung geäußert hatten, nachdem kaum Heroin zu Tage gefördert wurde.
anh
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