: Einladen, um auszuladen
■ David Irving, rechter Historiker und Vergangenheitsrelativierer, bezeichnet deutsche Historiker als „Lügner“ / Anlaß: Ausladung Irvings aus SFB-Talkshow
Der vom rechtsradikalen Spektrum umschwärmte britische Historiker (und Auschwitz-Relativierer) David Irving bezeichnete gestern die deutschen Historiker als „Feiglinge and Lügner“. Vor dem Haus des Rundfunks in der Masurenallee präsentierte er entsprechende Plakate. Anlaß für die Aktion war, wie Irving auf einer Pressekonferenz am Vormittag sagte, die Absage des SFB für die Teilnahme an der Literatur -Talkshow Berliner Salon, die gestern um 22.30 Uhr im dritten Fernsehprogramm ausgestrahlt wurde (Irving: „Ab heute 11 Uhr wird zurückgeschossen.“). Nach Irvings Darstellung habe der Moderator Wilfried Rott ihn wieder ausgeladen, nachdem die übrigen Teilnehmer, darunter auch der Stuttgarter Historiker Eberhard Jaeckel, gegen seine Anwesenheit protestiert hätten. Entgegen Irvings Darstellung sagte Moderator Rott der taz, daß der Historiker „nie richtig eingeladen worden“ sei. Ein Schreiben an Irving von Mitte August sei lediglich eine „Anfrage zur Klärung“ gewesen. Es sei „übliches Procedere“, zunächst einen größeren Kreis von potentiellen Gästen anzuschreiben. Dann erst werde „definitiv eingeladen“.
Irving sei bereits vor Wochen mitgeteilt worden, daß Rott von der Anfrage Abstand genommen habe. Im ersten Anschreiben von Rott heißt es allerdings mißverständlich: „Ich würde mich natürlich besonders freuen, wenn Sie an der Sendung teilnehmen könnten.“ Zum Grund der Absage wollte Rott nicht Stellung nehmen, räumte aber ein, daß es „redaktionelle Entwicklungsprozesse im Vorfeld“ gegeben habe. Auch zur Frage, warum er überhaupt einen Historiker einladen wollte, der Zeugen des Holocaust als „psychiatrische Fälle“ bezeichnet, äußerte sich Rott nicht.
Endlösungsverneiner Irving (Slogan: „Wahrheit macht frei“) sagte, die deutschen Historiker seien Feiglinge, weil sie einer Auseinandersetzung mit ihm auswichen. Sie seien Lügner, weil sie auf Fälschungen hereinfielen und diese verteidigten. Irving attackierte besonders den Stuttgarter Historiker Jaeckel. Dieser habe in einem seiner Bücher von Konrad Kujau gefälschte Dokumente verwendet. Irving hatte die vor Jahren vom 'Stern‘ als „Hitler-Tagebücher“ veröffentlichten Dokumente von Anfang an als Fälschung be zeichnet.
Auf der gestrigen Pressekonferenz ging Irving auf angebliche neue Untersuchungen der Gaskammern von Auschwitz des Amerikaners Fred Leuchter ein. Dieser habe festgestellt, daß „keine nennenswerten Mengen von Zyankali in den angeblichen Gaskammern“ verwendet worden seien. Auch Irving selbst habe „einwandfreie Spuren“ für die Fälschung von Gaskammern gefunden. Auschwitz sei lediglich ein „Arbeitslager“ gewesen, in dem „nur 74.000 Menschen“ umgekommen seien und nicht, wie bisher angenommen, bis zu zwei Millionen. Die deutschen Historiker seien einer „Lügenstory der Alliierten“ aufgesessen.
kotte/ak
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen