: Rhetorischer Salat-betr.: "Den Genozid zum Gärtner gemacht", taz vom 26.9.89
betr.: dito
(...) Singer versteht es hervorragend, einen (mißlungenen) rhetorischen Salat aus verdrehten Fakten, einer Menge aus dem Zusammenhang gerissener Zitate aus dem Film und verhetzenden Unterstellungen gegen den um Wahrheit bemühten Autor des Films zusammenzurühren. Troeller und Goebbels gelangten so gemeinsam in die Salatschüssel, wohl mit der Absicht, dem/der geneigten LeserIn zu suggerieren, es handele sich bei Troeller um einen abgefeimten Antisemiten. Singer sollte eigentlich wissen (wenn man voraussetzt, daß er zumindest ab und zu einen Blick in die Zeitungen wirft und sich auch die Fernsehnachrichten zu Gemüte führt), daß zwei Jahre Intifada es mit sich gebracht haben, daß alle Wahrheiten über das grauenvolle Vorgehen der israelischen Besatzungstruppen aufgedeckt wurden, und vor allem, daß die Weltöffentlichkeit, also auch die ZeitungsleserInnen, über einen Informationsstand verfügen, der sie die Unwahrheiten und Verdrehungen a la Singer durchschauen läßt. Zeugt es nicht von Kälte zu versuchen, die jahrelange Schließung von Schulen und Universitäten in den besetzten Gebieten damit zu rechtfertigen, daß die Israelis diese ja erst geschaffen hätten? Selbst wenn es so wäre, gäbe das den Israelis nicht das Recht, die Bildungseinrichtungen nach Belieben wieder zu schließen und den palästinensischen Kindern und Jugendlichen ihr verbrieftes Menschenrecht auf Bildung und Ausbildung zu nehmen. (...)
Die auf unbewaffnete Kinder schießenden Soldaten werden als „Einzelfälle“ nach dem Motto, wo gehobelt wird, fallen eben Späne, bezeichnet. Die Tatsachen sprechen für sich: Weit über 100 Kinder (israelische Quellen sprechen von 126, palästinensische Angaben liegen weit höher), die von Soldaten erschossen, erschlagen oder in die Luft gejagt wurden, von Festnahmen und lebensbedrohlichen Verletzungen, die diese Kinder lebenslänglich zu Krüppeln machen, ganz zu schweigen, sprechen eine deutliche Sprache und widerlegen Herrn Singers, „Einzelfall-Theorie“. Wieviele Menschen, Kinder, Jugendliche, Männer, Frauen und ältere Menschen müssen wohl sterben, damit Herr Singer sie nicht mehr als „Einzelfälle“ bezeichnet? (...)
Nidal Sadeq, Frankfurt am Main 90
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