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Giftgas-Supermarkt der USA in Rheinland-Pfalz

In der Pfalz lagert sechsmal mehr Kampfstoff als bisher angenommen / Das gesamte amerikanische Giftgasarsenal ist um ein Drittel größer als Experten vermuteten / USA informieren die UdSSR bei Verhandlungen in Genf  ■  Aus Genf Andreas Zumach

In der Pfalz lagern rund sechsmal soviele US-amerikanische Giftgas-Kampfstoffe als bislang angenommen. Damit sie überhaupt bis zu dem von den USA zugesagten Termin, Ende 1992, abgezogen werden können, soll der Transport bereits im kommenden Jahr beginnen - obwohl es über die Sicherheitsvorkehrungen immer noch keine feste Vereinbarung zwischen Bonn und Washington gibt. Auch die gesamten C -Waffenvorräte der USA sind über ein Drittel größer, als Rüstungsexperten bisher vermuteten. Das geht aus Informationen der Genfer US-Unterhändler an ihre sowjetischen Verhandlungspartner, der Bush-Administration an die Bonner Regierung sowie des Rechnungshofes beim US -Kongreß hervor.

Im Gegensatz zur UdSSR, die ihre Vorräte bei der UNO -Abrüstungskonferenz in Genf offiziell auf 50.000 Tonnen Kampfstoffe beziffert hat, haben die USA bislang keinerlei öffentliche Angaben über die Größe ihres Arsenals gemacht. Schätzungen von anderer Seite blieben immer unkommentiert. Fast sämtliche Experten gingen auf Grund der verfügbaren Daten bislang von rund 30.000 Tonnen Gift aus. Tatsächlich haben die USA allerdings über 40.000 Tonnen. Bei den bilateralen Geprächen, die amerikanische und sowjetische Unterhändler am Rande der um ein weltweites C-Waffenverbot bemühten Genfer Konferenz führten, hat Washington jetzt darüber informiert.

Die US-Vorräte in der Pfalz wurden von Experten bisher auf rund 435 Tonnen Kampfstoffe geschätzt. Nach Angaben des Rechnungshofes beim US-Kongreß General Accounting Office (GAO) befinden sich in der Pfalz jedoch 6,6 Prozent des gesamten US-Arsenals, also rund 2.600 Tonnen. 93 Prozent sind nach GAO-Angaben in den USA und 0,4 Prozent auf Johnston Island im Pazifik.

Offensichtlich wegen der Menge des Gifts wollen die USA bereits im kommenden Jahr mit dem bis Ende 1992 zugesagten Abzug der Vorräte in die USA beginnen. Der Transport der Chemiewaffen ist wegen der Korrision der Behälter mit großen Fortsetzung auf Seite 2

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Risiken für die Bevölkerung verbunden. Doch die soll davon gar nicht erst unterrichtet werden. Nach Aussagen eines führenden Vertreters der Hardthöhe aus der letzten Woche besteht in Washington und Bonn die Hoffnung, den Transport möglichst ohne öffentliche Aufmerksamkeit durchzuführen und die Öffentlichkeit erst nach vollzogenem Abzug zu informieren. Über die Transportart und die dabei zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen gibt es immer noch keine endgültigen Vereinbarungen zwischen Bonn und Washington. Nach Angaben des Hardthöhenvertreters ist ein „Memorandum of Understanding“ zwischen den beiden Regierungen vorgesehen, in dem die Beachtung bundesdeutscher Sicherheitsstandards zugesichert werden soll.

Die US-Giftgaslager in der Pfalz sind auch noch ein Hindernis bei der Umsetzung der von den Außenministern Baker und Schewardnadse Ende September in Wyoming unterschriebenen C-Waffenvereinbarungen. Nach Auskunft sowjeti

scher Diplomaten in Genf ist Washington zwar zur Übermittlung der Daten an Moskau bereit, möchte die Vorortinspektion durch sowjetische Experten aber nicht zulassen.

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