: Operation Katharsis ist abgeschlossen
Die Rechts-Links-Koalition hat ihren Rücktritt eingereicht Ex-Premier Papandreou will wieder regieren - aber mit wem? ■ Aus Athen Robert Stadler
Plangemäß endete am Wochenende das dreimonatige „griechische Experiment“: Ministerpräsident Tzannis Tzannetakis reichte den Rücktritt seiner Regierung ein. Damit endete die auch im internationalen Vergleich einmalige Zusammenarbeit der konservativen Nea Demokratia mit der kommunistisch dominierten Linkskoalition. Die beiden Parteien hatten sich in einem Minimalprogramm die Katharsis des politischen Lebens in Griechenland vorgenommen.
Nach einem Kabinettsrücktritt sieht die griechische Verfassung vor, daß der Staatspräsident die Führer der drei stärksten Parlamentsfraktionen erneut mit der Bildung einer regierungsfähigen Mehrheit beauftragt. Konstantinos Mitsotakis, Vorsitzender der Nea Demokratia, hat das bereits abgelehnt. Auch Charilaos Florakis, Präsident der Linkskoalition, hat keine Absicht, Verhandlungen mit anderen Parteien zu führen. Einzig Papandreou ließ diese Option noch offen. Da er jedoch höchstwahrscheinlich keine Gesprächspartner finden wird, werden die Wahlen wie vorgesehen am 5. November stattfinden. Eine Übergangsregierung wird bis dahin die Staatsgeschäfte führen.
Die dreimonatige Tätigkeit der „Katharsis-Regierung“ war geprägt von der Auseinandersetzung mit dem skandalösen Erbe der Pasok. Vier parlamentarische Untersuchungsausschüssen gingen der Frage nach, ob sich Mitglieder der sozialistischen Regierung während ihrer Amtszeit strafrechtlicher Delikte schuldig gemacht haben. Für Ex -Premier Andreas Papandreou bedeutet dies in zwei Fällen die Überweisung des Verfahrens an ein Sondergericht. Die Mehrheit der Abgeordneten betrachtet ihn als Hauptverantwortlichen im Koskotas-Skandal und beim illegalen Abhören von Telefongesprächen.
Daß Papandreou nun den Weg in den Ruhestand antreten würde, war in Griechenland vielfach angenommen worden. Die Prognose von 'Le Monde‘ - „Die Schlinge wird enger“ - hatten sich auch griechische Zeitungen zu eigen gemacht. Doch der Ex -Premier scheint das Überleben am Galgen zu beherrschen. Jetzt „freut er sich“ darüber, „daß dieses Intermezzo der Regierungslosigkeit und der Intoleranz in der politischen Geschichte des Landes zu Ende geht“.
Für ihn entspringen alle Anschuldigungen der „kranken Phantasie eines Betrügers“ und dem Versuch, die Pasok zu zerstören. Gut 39 Prozent der WählerInnen schenkten im Juni Papandreous Version Glauben. Nach den jüngsten Meinungsumfragen hat sich daran kaum etwas geändert. Trotz der massiven Vorwürfe nützt der angeschlagene Papandreou der Pasok zum jetzigen Zeitpunkt nur durch sein Bleiben.
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