: James Bond im Wilden Westen
■ V O R L A U F
(Verrückter wilder Westen, SAT1, 16.05 Uhr) Ende der fünfziger, mehr noch aber in den sechziger Jahren unterzogen die USA-amerikanischen TV-Produzenten das Genre der Westernserie einer gründlichen Überarbeitung. Der Western wurde familiär; das Ergebnis dieser Strategie, die die Colt und Silber-Serials für die ganze Familie interessant machen sollte, waren Klassiker wie Bonanza, Die Leute von der Shiloh Ranch und Big Valley, aber auch Rauchende Colts mit Marshall Dillons Pseudo-Familie Kitty, Doc und Festus. Der Typus des kantigen Einzelgängers bekam ein Kind
-vorzugsweise einen Sohn - zur Seite wie ein Westlich von Santa Fe. Oder aber einen anderen 'Partner‘, zum Beispiel einen taubstummen, aber häufig mittels gezielter Messerwürfe überaus lebensrettend einzusetzenden Indianer wie in Yancy Derringer, der zur Kategorie der pionierzeitlichen Superhelden zählte, die zweite Möglichkeit, den Western interessanter zu gestalten. Etwas ganz besonderes wollten die Produzenten von The Wild Wild West und schickten einen Urahn von James Bond hinaus in die noch weitgehend gesetzesfreien Savannen, Prärien und Handelstützpunkte. Er hieß James T. West (sic!) und reiste nicht im Aston Martin, sondern im Eisenbahnwaggon, der bestückt war mit allerhand Utensilien, die dem alten Tüftler Q. alle Ehre gemacht hätten. So verfügten West und sein Partner Artemus Jordon unter anderem über einen Derringer Revolver, mittels dessen man einen kleinen Widerhaken mitsamt eines dran befestigten dünnen Seils abschießen konnte. Im Auftrag des Präsidenten der damals noch etwas überschaubaren Vereinigten Staaten verkleideten sich die beiden Geheimagenten, wechselten häufiger ihre Identität als ihre Socken und reisten durch den Wilden Westen, um „Radikale, Revolutionäre, Kriminelle“ (Originaltext SAT1) ausfindig und unschädlich zu machen.
Die amerikanischen Fernsehzuschauer kamen bereits von 1965 bis 1970 in den Genuß dieser Weestenpersiflage, die von verschiedenen Autoren als „bizarr“ beschrieben wird. Das macht gespannt, auf die heutige erste Folge Die Nacht der großen Explosion.
Harald Keller
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