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"...so unmündig und doof ist doch keiner!"

■ Erste Gesundheitskonferenz in Tiergarten / Bürgernähe für Funktionäre: Krank macht alles

Bestandsaufnahme war die Devise - doch die von Gesundheitsstadträtin Sabine Nitz-Spatz (AL) optimistisch als „Bürgerforum“ bezeichnete erste Tiergartener Gesundheitskonferenz erwies sich zunächst einmal mehr als Sammelbecken für BehördenvertreterInnen, Initiativen und Selbsthilfegruppen. Die Bürger von nebenan und Betroffene selbst fanden allerdings nur spärlich den Weg in die Tiergartener Moses-Mendelssohn-Oberschule. Gekommen waren allerdings sechs Gefangene aus der JVA Plötzensee, die extra für diesen Tag „frei“ bekommen hatten. Sie informierten über die schlechte medizinische Versorgung in der JVA, den kargen, abwechlungsarmen Speiseplan und mangelnde Sportmöglichkeiten in der arbeitsfreien Zeit. Nur - in dem am Schluß von den 13 Arbeitsgruppen der Konferenz verabschiedeten Forderungskatalog tauchte die Forderung nach humanen Strafvollzug und engerem Kontakt zwischen Gefangenen drinnen und Behörden oder Institutionen draußen dann doch nicht auf. Statt dessen stand an erster Stelle des Katalogs der Aufbau einer bezirklichen „problem- und erfolgsorientierten Gesundheitsberichterstattung“ - ein Anliegen, das sich bereits vor der Konferenz in den Koalitionsvereinbarungen niederschlug. Die meisten anderen Forderungen lassen sich auf Bezirksebene gar nicht realisieren - der Wunsch nach Tempo 30 im ganzen Bezirk, der Erhalt des Moabiter Werder und die Wiedereinführung der Mietpreisbindung richtet sich ganz klar an die Landesebene.

Andere gewünschte Projekte wiederum müssen erst mühsam die Finanzhürde überspringen - sei es die Wiedereinrichtung einer Geburtshilfe- und Säuglingsstation am Krankenhaus Moabit oder die geforderte kieznahe Begegnungsstätte für Jung und Alt, Krank und Gesund.

Entsprechend argumentierte auch der Sozialamtsleiter Schwarz, der während der abschließenden Diskussion das Vertrauen der Bevölkerung zu dieser Behörde nicht gerade vertiefte. Den Wunsch nach respektvoller Behandlung, intensiver Betreuung und mehr Informationen wehrte er einfach ab mit einem „So unmündig und doof ist doch keiner“. Der Sozialstadrat Ernst (CDU) war selbst gar nicht erst erschienen. Wie es heißt, wollte er mit diesen „Nestbeschmutzern“ nichts zu tun haben. Und „zufällig“ befand sich die Tiergartener SPD-Fraktion auf einer Klausurtagung in Westdeutschland. Vertreter der Krankenkassen ließen sich ebenfalls nicht blicken.

Trotzdem - die Gesundheitskonferenz soll künftig regelmäßig tagen, so daß sich demnächst möglicherweise auch ein breiteres Spektrum daran beteiligt. Eine „Landesgesundheitskonferenz“ soll nun noch eingerichtet werden.

Martina Habersetzer

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