piwik no script img

Standbild: Das älteste Gewerbe der Welt

■ Mona Lisa, Thema: Prostitution

(Mona Lisa, Thema: Prostitution. So., 15.10., ZDF, 18.10 Uhr) Nutten, Huren, Prostituierte - sind sie charakterlose, verruchte und willensschwache Frauen, die für Geld alles machen? Oder sind sie bemitleidenswerte Opfer des Patriarchats, ausgebeutet von ihren Zuhältern, malträtiert von ihren Freiern?

Moderatorin Petra Gerster stellt gleich zum Einstieg in das Thema klar: Keines von beidem trifft zu. Hure zu sein, so lautet die Quintessenz der Sendung, ist im wesentlichen nichts anderes, als als Ärztin oder Ingenieurin sein Geld zu verdienen. Es ist ein Job wie jeder andere - mit nur einem Unterschied: Der Beruf „Prostituierte“ ist gesellschaftlich nicht anerkannt. Prostituierte werden diskriminiert.

Um Klischees nicht auf den Leim zu gehen, will Mona Lisa nicht über, sondern mit Prostituierten reden. Deshalb sitzt Domenica, Hure aus Hamburg, mit im Studio. Klug, selbstbewußt und durch viele Fernsehauftritte geübt, vertritt sie das Gewerbe. Die „Verkäuferin der sexuellen Handgriffe“ verteidigt ihren „ehrlichen“ Beruf gegen alle „Kopf-Huren“, die für Geld ihre Seele verkaufen.

Moraltheologe Dietmar Mieth hat gegen die beiden Frauen im Studio kaum eine Chance. Die Zeit für seine Redebeiträge ist knapp bemessen. Er ist damit beschäftigt, sich aus der Schublade frauenfeindlicher katholischer Morallehre zu befreien, in die er gesteckt wurde, bevor er den Mund aufmachte. Man erwartet sich von seinem Auftritt nichts als ein gut konturiertes Feindbild, das er aber nicht liefern möchte. Die Gesprächskonstellation ist allzu bekannt.

Zwischen kurzen Wortwechseln stehen ebenso kurze Filmbeiträge: Drei Frauen erzählen, warum sie auf den Strich gehen und warum sie bei ihrem Gewerbe bleiben wollen. Thailändische Prostituierte inszenieren ein Theaterstück, um sich ihren Frust und ihre Verzweiflung von der Seele zu spielen. Der Callboy Frank verkauft seinen Körper für 100 bis 300 Mark in der Stunde an einsame Geschäftsfrauen in Frankfurt. Es liegt nicht allein an dieser weit verbreiteten „Magazinitis“, daß am Ende der Sendung eine Auseinandersetzung mit dem Thema noch gar nicht richtig begonnen hat. Sie sollte nicht stattfinden. Es wird vorausgesetzt, daß es Prostitution immer gegeben hat und folglich auch immer geben wird. Petra Gerster bietet Domenica eine Plattform zur Selbstdarstellung. Vielleicht provoziert es so manche Zuschauerin, informativ und kontrovers aber ist es nicht. Zum Schluß diskutieren Domenica und der Moraltheologe Mieth über eine Renten- und Krankenversicherung für Prostituierte. Frauen verkaufen ihren Körper wie der Metzger das Schweinefleisch tatsächlich ein sauberes Geschäft, für das nur noch die optimalen Konditionen auszuhandeln sind?

but

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen