Nagel will Wohnungen statt Kohl-Museum

■ Bausenator will das Deutsche Historische Museum für fünf Jahre aufschieben und mit dem Geld Wohnungen und KiTas bauen / DHM-Konzept bis Jahresende?

Das Deutsche Historische Museum (DHM), Geschenk von Historiker und Kanzler Helmut Kohl, soll nach dem Willen von Bausenator Nagel (SPD) zunächst zugunsten von Wohnungsbauten auf Eis gelegt werden. Gestern ersuchte Nagel den Regierenden Momper, beim Bundeskanzler darauf zu dringen, daß der Bau des rot-grün-umstrittenen Projekts um fünf Jahre verschoben wird. Die dafür vorgesehenen Mittel in Höhe von 340 Millionen Mark sollten für den Neubau von Wohnungen, Kindertagesstätten und Schulen verwendet werden. Laut Senatssprecher Kolhoff ist der Nagel-Vorstoß jedoch noch keine einhellige Senatsmeinung. Der Senat wolle über Nagels Vorschlag am Wochenende auf seiner Klausurtagung beraten und sich dann äußern.

Wie der Nagel weiter sagte, solle das gegenwärige Diskussionsverfahren um Konzeption, Standort und Architektur bis Jahresende abgeschlossen werden. Danach sollten die Berliner Vorstellungen der Bundesregierung präsentiert werden. Das Projekt könne dann jederzeit wieder aufgenommen werden.

Zur Begründung sagte der Senator, daß die jüngsten Äußerungen von Kohl zur Verstärkung des Wohnungsbaus deutlich machten, „daß auch ihm die aus dem Zuzug von Aus und Übersiedlern resultierenden finanziellen Mehrbelastungen durchaus bewußt sind“. Die Berliner Bevölkerung sei seit 1985 um etwa 135.000 Menschen gewachsen, was etwa der Größe einer Stadt wie Heidelberg entspreche. Ohne Hilfe des Bundes sei „die dramatische Situation kaum noch in den Griff zu bekommen“. Allein für die 7.000 Wohnungen, die zusätzlich zu den 28.000 für diese Legislaturperiode geplanten Wohnungen gebaut werden sollten, hätten ein Bauvolumen von 736 Millionen Mark. Der „Verpflichtungsrahmen“ an Subventionen für diese Wohnungen werde sich über 15 Jahre auf 3,65 Milliarden Mark belaufen. Um deutlich zu machen, daß die politischen und finanziellen Prioritäten für die Stadt neu gesetzt werden müßten, habe er den „Reizpunkt“ DHM gewählt. Außerdem forderte Nagel die Bundesregierung auf, bundeseigene Grundstücke in Berlin nicht an Private, sondern an das Land Berlin zu verkaufen.

Aus dem Bundesbauministerium verlautete, daß im Bundesetat derzeit überhaupt keine Finanzmittel für den Bau des Museums vorgesehen seien, die für Wohnungsbau umgewidmet werden könnten. Geld würde erst dann eingesetzt, wenn die Planung abgeschlossen sei.

Die AL-Kulturpolitikerin Sabine Weißler begrüßte eine mögliche Aufschiebung des Museums, weil diese „den Druck der Bagger nehme“, betonte aber, daß das Museum kein „bauwirtschaftliches, sondern ein politisches Problem“ sei. Sie kritisierte, daß Nagel den Bau um fünf Jahre verschieben wolle, aber trotzdem darauf bestehe, daß die Berliner Konzeption am Jahresende auf dem Tisch liegen solle. Bisher sei der Aufschub ein „Produkt aus Sachzwängen“. Die Konzepte aus dem Kultursenat seien „ungenügend und zu traditionell“, eine Auseinandersetzung über die DHM-Konzeptionen sei „ohne Zeitdruck notwendig“.

CDU-Diepgen bezeichnete Nagels Vorstoß als „Vernebelungsaktion“, mit der der Senator davon ablenken wolle, daß „sein Wohnungsbau nicht vorankommt“. Mit dem Vorschlag Wohnungsbau statt Museum vergleiche Nagel „Äpfel mit Birnen“.

kotte