Urteil im St.Pauli-Prozeß

■ Drei Jahre für fahrlässige Tötung / Angeklagte hatten die Waffe für den Killer Pinzner besorgt

Hamburg (taz) - Im sogenannten St.Pauli-Prozeß um den Tod des Staatsanwalts Wolfgang Bistry im Hamburger Polizeipräsidium sind die drei Angeklagten Reinhard Klemm, Holger Sass und Karl-Heinz Schwensen gestern vor dem Hamburger Landgericht wegen fahrlässiger Tögung und anderer Delikte zu Freiheitsstrafen von drei und dreieinviertel Jahren verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß Klemm, Sass und Schwensen die 38er Smith & Wesson besorgt hatten, mit der der in Untersuchungshaft sitzende Killer Werner Pinzner den Staatsanwalt bei einer Vernehmung erschoß. Pinzner hatte anschließend seine als Beistand anwesende Ehefrau und sich selbst getötet. Die Kammer rückte in dem 68 Tage währenden Mammutprozeß von der Anklage ab, das Trio vom Hamburger Kiez wegen Beihilfe zum Mord zu belangen. Die Entscheidung zwischen bewußter Fahrlässigkeit und bedingtem Tötungsvorsatz sei in diesem Fall bei der Urteilsfindung haarscharf gewesen, betonte der Vorsitzende Richter Jürgen Schenck. Der Beweisaufnahme hätten vor allem die Briefe der Ehefrau des Killers zugrunde gelegen, die in dem Verfahren eine detaillierte und nach Auffassung des Gerichts glaubwürdige Schilderung der letzten Wochen vor der Tat lieferten. Demnach gelang es der Anwältin von Pinzner, Isolde Oechsle-Misfeld, auf dessen Wunsch eine Übereinkunft zu erzielen, nach der seine Ehefrau die von den drei Angeklagten beschaffte Tatwaffe unbemerkt ins Polizeipräsidium schaffen konnte.

lian