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Guerillero im Untergrund

■ taz-Gespräch mit dem südafrikanischen Literaten Breyten Breytenbach

Breyten Breytenbach, geboren 1939 in der Kapprovinz/Südafrika, gilt als der bedeutendste Lyriker, der in der Burensprache Afrikaans schreibt. Seit Ende der 60er Jahre konnte er aufgrund der Rassengesetze nicht mehr in Südafrika leben, da er mit einer Vietnamesin verheiratet ist. Er war Mitbegründer einer weißen Widerstandsgruppe. Bei einer konspirativen Reise nach Südafrika 1975 wurde er verhaftet und zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Darüber schrieb er seinen Roman „Die wahren Bekanntnisse eines Albino-Terroristen“.

taz: Herr Breytenbach, wo leben Sie heute?

Breyten Breytenbach: Eigentlich lebe ich in Paris, aber dieses Jahr war ich kaum dort. Ich habe drei Monate in West -Berlin gearbeitet, und bin viel in Westafrika und im südlichen Afrika gereist.

Was sind ihre Eindrücke von den Reisen in Afrika?

Ich habe festgestellt, daß ich mich

total mit Afrika identifiziere. Wir werden gerade Zeuge einer Tragödie, die hier heißt: Schaffung von Europa und dort: Tod von Afrika. Das gehört beides zusammen. Die Energien der reichen Länder sind darauf gerichtet, eine bestimmte Lebensqualität zu schaffen, künftige Linien festzulegen, die die Dritte Welt ausschließen. Ich betrachte mich als einen afrikanischen Guerillero, der in Paris im Untergrund lebt.

Wie beurteilen Sie speziell die heutige Situation in Südafrika?

Es ist viel in Bewegung geraten. Zum Beispiel trafen sich in diesem Juli 65 Schriftsteller zu einer Konferenz. Viele kannten sich bisher nicht und haben zum ersten Mal Leute von der Befreiungsbewegung ANC getroffen. Wir haben dort beschlossen, afrikanische Sprachen nicht mehr in getrennten Abteilungen an den Unis zu unterrichten. Das ist eine historische Entscheidung, weil es die Rechtfertigung für die Ras

sentrennung zerstört. Das konservative Establishment hat heute keine Basis mehr an den Unis unter den Intellektuellen. Der Konflikt des Bürgerkrieges geht durch viele Familien. Aber: Allzu optimistisch bin ich nicht.

Sie haben ihre ersten Gedichte in Afrikaans geschrieben, aber dann Afrikaans als die „Sprache der Unterdrücker“ bezeichnet. Was wird im befreiten Südafrika die „Lingua Franca“ werden?

Früher war Afrikaans eindeutig die Sprache der herrschenden Klasse. Heute erobern sich diejenigen, die diese Sprache eigentlich geschaffen haben, nämlich die sogenannten Coloureds ihre Sprache wieder zurück. Heute sprechen weit mehr Leute Afrikaans - auch Schwarze - als Buren. Afrikaans kann als Sprache der Befreiung benutzt werden. Sie kann eine effektive Waffe sein, weil sie ein Teil der kulturellen Identität der Menschen ist, die jetzt an der Macht sind, und so ihre Herzen trifft. Wenn Afrikaans später weiterlebt, ist das gut, aber Englisch wird wohl die offizielle Sprache.

Wie sind Sie als Sohn einer Buren-Familie zum „Albino -Terroristen“ geworden?

Das war einfach Glück. Ich bin, wie das üblich war in dem Apartheid-System, völlig isoliert aufgewachsen. Aber die Leute, von denen ich ferngehalten wurde, haben mich angezogen. Dann kam ich an die Uni Kapstadt, wo in den 60er Jahren noch Schwarze und Weiße studierten. Der Rest

war dann nur noch eine Frage der Sozialisation: Wir lernten die selben Professoren, die selbe Polizei und die selben Leute aus dem Widerstand kennen.

Fragen: Christoph Sodemann

Breyten Breytenbach liest heute, 20 Uhr, Angestelltenkammer.

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