: KAUFT, LINKE, KAUFT!
■ Kollektiv Fasanenstraße stellt Kollektiv Herzogstraße aus
Es ist schon fast kaum glaublich, daß am Freitag (20.Oktober) die gerade gegründete Galerie Fasanenstraße12 eine „repräsentative Verkaufsausstellung“ erstmals herzeigte. Die wilden Kollektivisten aus der Weißwurststadt München hatten es seit der Gruppengründung 1975 und der bitteren Auflösung 1982 nicht dazu bringen können. Warum nur? Sei es, daß es zu dieser Zeit für Pinsel und Leinwand einfach mal wieder zu spät war. Sei es, daß es ihnen wurscht war, andere zu agitieren, statt den „Malakt“ und die Diskussion übers Gemalte anzuheizen. Sei es, daß sie zu ungeschickt waren, um Kollektiv mit Kollekte zu verbinden.
Was war also da zu sehen? Ottmar Bergmann - „Kunstwindhund“ - eröffnete: Utopie von 1968, auf Bild. Also „eine Kunst, wild wie eine Katze“. Die Kunsthistorikerin würde sagen: die Tradition von Gruppe Cobra, Gruppe Spur (deutsche „Sektion“ der Situationisten), Gruppe Wir, Gruppe Geflecht, Kollektiv Herzogstraße. (Weitere Erben: King Kong Kunstkabinett, WeibsBilder). Die Verbindung von Ästhetik, Politik und Lebensform. „Der Weg wichtiger als das Ziel.“ Gestische, abstrakte, mäßig figurative, bunte, raumerzeugende, emotionale und so weiter Pinselei. Der Laie würde sagen: ditt können meene Kina ooch! Das ist Geschmier! Die Künstler „brechen in die Rede schwerverständlicher Weisheit aus“.
Am Montag versuchte die Versammlung im Werkstattgespräch mit der anwesenden Rumpfgruppe hinter das Geheimnis zu kommen: Wie ist das, wenn man zusammen malt? Wer darf was und wen behindern? Wieso sind die Bilder immer wieder übermalt worden? Ging's den Frauen in der Gruppe gut? Wieso sind Gruppenmitglieder rausgeflogen? Was ist Intensität? Wie ging das vor sich? Zum Beispiel gab's Malspiele gegen die alten Gewohnheiten: einer darf nur rot, der andere grün, der dritte weiß malen, während die anderen im Hintergrund sich das Maul darüber zerreißen, Verbesserungsanweisungen geben. Und das alles nur, ums klassische „Werk“ zu denunzieren und zu einem ganz anderen Ergebnis zu kommen. Das Endresultat „schönes Bild“ war ihnen angeblich schnurz. Umso seltsamer und aufforderungsreich, die zum Teil sehr schönen Bilder jetzt sehen zu können. Und überhaupt erstmals in Berlin. Die Galerie, deren Betreiber ihr Handwerk alle drei aus Karl -Marx-Stadt mitgebracht haben, wird einerseits noch einzelne Mitglieder der „Herzogstraße“ zeigen, andererseits weiter „kollektive und intermediäre Arbeitsweisen“ vorstellen, inklusive „Avantgardegruppen in der DDR und Osteuropa“. Das ist interessant: also viel Erfolg dabei. Die Linke darf nun zeigen, ob sie ihr Geld lieber ins langlebige Konsumgut oder in den Kunstluxus anlegt, der - wenigstens zeitweise und immer mal wieder - die Welt verbessern will.
Pamela Axmann, Martin Reuter
Ausstellung in der Galerie Fasanenstraße12 bis 28.November, Dienstag bis Freitag 11 bis 19Uhr, Samstag 11 bis 14Uhr, Tel.: 313 74 30.
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