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Traurige Rückkehr

■ Kurz vor seiner Freilassung starb die Frau des ANClers Wilton Mkwayi / Beide konnten nie zusammenleben

Berlin (taz) - Das Bild ging aus Soweto um die Welt. Da strahlte eine 72jährige Albertina Sisulu in die Kameras und umarmte nach 26 Jahren Trennung ihren gerade freigelassenen 77jährigen Mann Walter, den Exgeneralsekretär des verbotenen African National Congress (ANC). 26 Jahre lang konnte sie ihn nur ab und zu im südafrikanischen Gefängnis besuchen, 26 lange Jahre war sie selbst mehrfach gebannt und inhaftiert. Eine vom Apartheidsystem wie so viele auseinandergerissene Familie. Und dennoch strahlte „Ma Sisulu“ jetzt Kraft aus. Man sah ungeahntes Glück.

Wilton Mkwayi, einem der sieben mit Walter Sisulu freigelassenen politischen Gefangenen, fiel die Freude schwerer. „Wir haben uns um zehn Monate verfehlt“, sagte der jetzt 66jährige gegenüber dem südafrikanischen Journalisten Allister Sparks. Seine Frau Irene Mhlongo war im Dezember an Krebs gestorben. „26 Jahre haben wir uns geliebt, obwohl wir nie als Mann und Frau zusammenleben konnten.“ Denn als sich der damals 40jährige und die 39jährige Krankenschwester kennenlernten, lebte der Gewerkschafter schon im Untergrund. Er war gerade aus einem militärischen Trainingslager des ANC zurückgekehrt, da mußte er die Verhaftung des gesamten ANC -Führungsstabes in Rivonia bei Johannesburg mitansehen. Ein Jahr konnte er sich verstecken und benutzte Irenes Haus in Soweto als Basis, bis auch er aufgespürt wurde.

Fünf Monate nachdem er 1964 zu „lebenslänglich“ verurteilt wurde, stellte er bei den Behörden den ersten Antrag, Irene zu heiraten. Abgelehnt. Dreimal mußte er Anlauf nehmen, bis er am 31. Oktober 1987 auf der vor Kapstadt liegenden Gefangeneninsel Robben Island die Frau heiraten konnte, die immer zu ihm gehalten und ihn regelmäßig besucht hatte. Ein Jahr später sagte sie ihm, daß sie vielleicht Krebs habe. Zwei Monate später war sie tot. Er durfte nicht einmal zur Beerdigung.

Dennoch bereut Wilton Mkwayi nichts in seinem Leben. Keine Bitterkeit. Nur Trauer, mit der für sein Überleben so wichtigen Frau nicht einmal seinen Lebensabend verbringen zu können. Bis Mkwayi eventuelle Familienangehörige gefunden hat, wohnt er bei Winnie Mandela. Die Frau des noch inhaftierten ANC-Führers Nelson Mandela hat in ihrem Haus in Soweto viel Platz.

AS

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