: EG koordiniert Hilfe für Osteuropa
■ Mitterrand sprach vor den EG-Parlamentariern über Erfolge der französischen Präsidentschaft im Rat / Zentrales Thema: Hilfsmaßnahmen der EG zugunsten von Polen und Ungarn
Berlin (taz) - Fran?ois Mitterrand hat am Mittwoch vor dem Europaparlament in Straßburg eine Zwischenbilanz der französischen EG-Ratspräsidentschaft gezogen. Bis Dezember sieht Mitterrand als wichtige Aufgaben im Rat die Vorbereitung der Wirtschafts- und Währungsunion und die Verabschiedung einer Sozialcharta mit einklagbaren Grundrechten für die Arbeitnehmer. Ein ganz anderes Thema beherrscht jedoch seit Wochen fast alle Treffen der EG -Minister zwischen Brüssel und Luxemburg und wird auch auf dem EG-Gipfel in Straßburg Anfang Dezember eine große Rolle spielen: die Entwicklung in Osteuropa.
Die Hilfsmaßnahmen der EG für Ungarn und Polen bildeten denn auch einen Schwerpunkt in der Rede Mitterrands vor den Euro-Parlamentariern. Er sprach sich dafür aus, die Soforthilfe für Polen weiter aufzustocken und einen Dringlichkeitsplan für landwirtschaftlich unterentwickelte Regionen aufzustellen. In Polen und Ungarn müsse mehr investiert werden. Ein Zentrum für Investitionsförderung und eine auf die wirtschaftlichen Probleme Osteuropas zugeschnittene Bank, die nach dem Vorbild der Europäischen Investitionsbank große Projekte in Ungarn und Polen mitfinanziert, sollte gegründet werden.
Das Engagement der EG-Länder in Osteuropa ist nicht neu. Bereits im Dezember 1988 hat die EG ein Kooperationsabkommen mit Ungarn abgeschlossen. Ähnliche Übereinkünfte gibt es inzwischen mit der CSSR und Polen. Verhandlungen mit der UdSSR laufen. Außerdem übernimmt die EG-Kommission die Koordination der Lebensmittel- und Finanzhilfe für Polen und Ungarn, auf die sich die großen Industrienationen im Juli in Paris geeinigt hatten - ein Umstand, der gemeinhin als Aufwertung und Prestigegewinn der EG im politischen Kräftespiel angesehen wird. Durch die politische Entwicklung in Ungarn, Polen, aber auch in der DDR hat das EG-Engagement im Osten an Dynamik gewonnen. Schon aus wirtschaftlichen Überlegungen ist die Gemeinschaft an der Erschließung neuer Märkte in Osteuropa interessiert. Überlegungen, die EG könne demnächst um neue Mitglieder aus dem Osten Europas erweitert werden, wie sie vor allem bundesdeutsche Politiker immer wieder äußern, begegnen andere EG-Partner jedoch mit großer Zurückhaltung. Mitterrand äußerte am Mittwoch zwar Verständnis für die besondere Haltung der Bundesrepublik gegenüber der Annäherung osteuropäischer Länder, vor allem der DDR. Immer wieder schwingt in den Äußerungen von EG -Politikern jedoch auch die Befürchtung mit, die Deutschen könnten einer Wiederannäherung der beiden deutschen Staaten künftig mehr Gewicht beimessen als der westeuropäischen Integration im Rahmen der EG.
bu
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