Senatorin Klein: Legalize it !

■ Offensive Drogenpolitik gegen Süchte / Bundesratsinitiative soll Straffreiheit für den Besitz kleinerer Mengen bringen - und Konsumenten entkriminalisieren

Kleine Mengen Haschisch soll man künftig straffrei besitzen dürfen - mit dieser Forderung sprach sich gestern Jugendsenatorin Anne Klein (AL) erstmals für eine Richtungsänderung in der Drogenpolitik aus. Erforderlich wäre dafür jedoch eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes mittels einer Bundesratsinitiative, eine Maßnahme, welche im Moment mit anderen Bundesländern noch diskutiert wird. Zur Zeit stellt das Betäubungsmittelgesetz zwar nicht den Gebrauch, wohl aber den Besitz von Haschisch unter Strafe.

Wie Klein gestern betonte, ginge es ihr bei diesem Vorstoß nicht um die „Freigabe von Drogen“. Statt dessen soll der Besitz von Haschisch in kleinen Mengen „in dem Sinne legalisiert weden, daß die davon betroffenen Jugendlichen nicht mehr kriminalisiert werden“. Auch der Berliner Landesdrogenbeauftragte Wolfgang Penkert hält die „Entkriminalisierung der Konsumenten“ für den wichtigsten Schritt der künftig zu praktizierenden Drogenpolitik sowohl in bezug auf Heroin wie auch auf Haschisch. Haschisch selbst hält Penkert im Gegensatz zur landläufigen Meinung auch nicht für eine Einstiegsdroge. Zwar stünde am Anfang der meisten Suchtkarrieren der Gebrauch von Haschisch, mindestens ebenso oft bildet jedoch die legale Droge Alkohol das erste Suchtfundament.

Im Gegensatz zu Penkert möchte Anne Klein eine mögliche Entkriminalisierung auf den Besitz von Haschisch begrenzen bei Heroin und Kokain fehle es ihrer Meinung nach noch am „psychosozialen Surrounding“. Doch zusammen mit dem für 1990 geplanten Methadonprogramm scheint die Drogenpolitik des Senats künftig einen neuen Weg einzuschlagen. Klein wehrt sich jedoch gegen plakative Einzelmaßnahmen - sie will die Sucht, den Gebrauch von illegalen wie legalen Drogen als solche problematisieren. In diese Richtung zielt eine weitere geplante Bundesratsinitiative: Anvisiertes Ziel soll sein, öffentliche Werbung für Alkohol, Zigaretten und bestimmte Medikamente generell zu verbieten. Der genaue Zeitpunkt für das Einbringen der Initiativen ist derzeit noch unklar - bis dahin konzentriert sich die Jugendverwaltung auf das „Senatskonzept Sucht“, das im Januar 1990 anlaufen wird. Hierbei soll es darum gehen, sich mit den Ursachen von Sucht auseinanderzusetzen, vorbeugende Maßnahmen zu entwickeln und die bestehenden Hilfseinrichtungen noch stärker miteinander zu verzahnen das alles unter dem Motto „offensive Suchtprophylaxe“, wobei laut Klein „die positiven Aspekte des kritischen Umgangs mit Alkohol und Drogen deutlicher ins Bewußtsein gerückt werden sollen“.

Im Vorfeld startete jetzt schon mal eine Plakataktion, die mit Sprüchen wie „Ich will Dich ganz - in Echt bis Du aufregender“ oder „I miss your kiss - lieber weit als breit“ die „Erwartungen von Jugendlichen aufgreifen und zu Gesprächen anregen“ sollen. Parallel dazu organisiert die Jugendverwaltung am 14./15. November eine Fachtagung für Eltern, Pädagogen und SozialarbeiterInnen - kurzum für alle, die ständig mit Jugendlichen und deren möglicherweise auftretenden Suchtproblemen zu tun haben.

Martina Habersetzer