„Ein redender Mund...“

■ Das neue Kursbuch (97) beschäftigt sich mit der Uni-Not“ / ProfessorInnen über den Studentenstreik

„Ein redender Mund und sehr viele Ohren, mit halbsoviel schreibenden Händen - das ist der äußerliche akademische Apparat, das ist die in Tätigkeit gesetzte Bildungsmaschine der Universität“. Friedrich Nietzsche liefert damit den Prolog zu den dreizehn Beiträgen im neuesten Kursbuch. Thema: „Uni-Not“. Der Prolog ist durchaus angebracht, denn auch das Kursbuch 97 kann nicht anders als dort beschrieben: Es kommt ziemlich konventionell daher - zumeist eben vom Professor zum Rest der Welt. Hört, hört: Es klagen über den Zustand ihrer Disziplinen und einzelner Fachbereiche an FU und TU Uwe Wesel (Jura), Bernd Mahr (Informatik), Claus Leggewie (Politologie), Marianne Schuller (Literaturwissenschaft, Hamburg) und eine Jungmedizinerin. So ganz klar wird's nicht: Sollen die Beiträge der professoralen Bestätigung dessen dienen, was die StudentInnen im letzten Wintersemester zum Ausdruck gebracht haben - oder wozu sonst? Spannend wird es immer dann, wenn einzelne Aufsätze wie der von Bernd Mahr essayistisch werden, oder Claus Leggewie einen informierten Blick auf die Entwicklung der Politikwissenschaft und ihres größten Instituts, des OSI, gewährt.

Dazwischen kommen zwei vom bundesdeutschen Uni-System Betroffene zu Wort. Titel: Berlin - Texas und die physikalische Ständegesellschaft. Der kräftig die Werbetrommel rührende und unkritisch wirkende Artikel über die Teekampagne kann allerdings nicht die einzig denkbare Möglichkeit gewesen sein, den vielen Klagen etwas Konstruktives gegenüberzustellen.

Ja, und natürlich sind auch die grundsätzlichen Fragen an der Universität berücksichtigt worden. Sie bilden quasi den Rahmen von „Uni-Not“. So setzt Wolfgang Nitsch drei stereotype Perspektiven für die Hochschulen in Form einer Podiumsdiskussion in Szene. Wolfgang Preuß hinterfragt das herrschende Prinzip der Gruppenrepräsentanz, und Friedrich Edding untersucht die Dilemmata der Bildungsökonomie. Alles in allem ist das Kursbuch 97 eine notwendige Lektüre für alle Uni-ReformerInnen.

Thomas Werres