piwik no script img

Der Herr der Atomsümpfe

Hessens Umweltminister Weimar soll gehen - SPD und Grüne fordern Konsequenzen aus der Alkem-Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Wiesbaden (taz) - Nachdem der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel die Teilgenehmigung für Anlagen- und Produktionsverfahrensteile der Plutoniumfabrik Alkem - sie ist inzwischen im Besitz der SiemensAG - als „rechtsfehlerhaft“ beschied, bläst Umweltminister Weimar in Wiesbaden der Wind ins Gesicht: SPD und Grüne forderten gestern in getrennten Erklärungen den Kopf von Weimar, der diese Teilgenehmigungen erteilt hatte. Der Minister habe sich bewußt eines Rechtsbruchs schuldig gemacht, denn schon vor der 1988 erteilten Teilgenehmigung habe das Hanauer Landgericht die Vorabzustimmungen, auf denen die Teilgenehmigung basierte, für illegal erklärt.

Der Verwaltungsgerichtshof ist am Mittwoch - nach zweitägiger Verhandlung - zu der Auffassung gelangt, daß die Erteilung einer Teilgenehmigung unzulässig sei, weil sie den Erfordernissen des Atomgesetzes zuwiderlaufe, das bei atomrechtlichen Genehmigungsverfahren die Beteiligung der Öffentlichkeit zwingend vorschreibe. Der nach der Novellierung des Atomgesetzes im Jahre 1975 garantierte Bestandsschutz für nach altem Recht errichtete Anlagen gelte nur für diese Anlagen und für die Betriebstechniken, die vor der Verschärfung der Genehmigungsbestimmungen Bestand hatten. Jede Veränderung an den Anlagen oder an den Produktionstechniken nach 1975 impliziere dagegen die Neugenehmigung der gesamten Anlage nach dem neuen Atomgesetz. Dies hatte auch bereits das Hanauer Landgericht im sogenannten Alkem-Prozeß festgestellt und die Vorabzustimmungen deshalb für „rechtswidrig“ erklärt.

Daß CDU-Minister Weimar gar die Stirn hatte, für seine ohne Anhörungsverfahren erlassene illegale Teilgenehmigung auch noch den Sofortvollzug anzuordnen, werteten die Grünen als „freches Bubenstück“. Siehe Tagesthema auf Seite 3

Kommentar auf Seite 8

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen