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AKW-Gegner auf Perspektivsuche

Die Herbstkonferenz der Anti-AKW-Initiativen verständigt sich auf eine zentrale Frühjahrsdemo / Niederlage der Atomzunft läßt Bewegung bröckeln / Ärger über Vorstoß der Bonner Grünen zur direkten Endlagerung  ■  Von Gerd Rosenkranz

Saarbrücken (taz) - Preisfrage: Was verbindet die Atomgemeinde und die bundesdeutsche Anti-AKW-Bewegung? Antwort: die schlechte Laune. Den einen hat das vorläufige Ende der Atomenergie-Konjunktur die Stimmung verdorben, die anderen müssen sich mit der Tatsache herumschlagen, daß die Flucht der Stromwirtschaft aus den Wahnsinnsprojekten wie Wackersdorf oder Schneller Brüter von vielen als Einstieg in den Ausstieg aus dieser Sackgassentechnologie mißverstanden wird.

Der Widerstand bröckelt, und gleichzeitig erreicht der Atomanteil an der bundesdeutschen Stromversorgung mit rund 40 Prozent eine neue Rekordhöhe. Die seit der Verlagerung der Wiederaufarbeitung ins Ausland unübersehbar gewordene Internationalisierung des Strom- und Energiemarktes erfordert neue Antworten der AtomkritikerInnen in der Bundesrepublik.

Als ersten Anlauf, auf die veränderten Rahmenbedingungen zu reagieren, verständigte sich die diesjährige Herbstkonferenz der Anti-AKW-Initiativen am Wochenende in Saarbrücken auf eine bundesweite Demonstration. Sie soll mit Unterstützung aus dem europäischen Ausland im Frühjahr vor den niedersächsischen Landtagswahlen in Hannover stattfinden. Arbeitstitel: „Direkte Endlagerung der Atommafia.“ Die zentrale Demonstration war zunächst nicht unumstritten, nachdem Initiativen aus der Umgebung des geplanten Zwischenlagers „Schacht Konrad“ mit einem entsprechenden Vorschlag in der Zeitschrift 'atom‘ vorgeprescht waren. Eine Reihe von Initiativen interpretierte den Aufruf-Entwurf als indirekten Wahlaufruf für Rot-Grün in Niedersachsen. Die 'atom'-Redaktion hatte dazu bemerkt, es sei „nicht angesagt, gemeinsam mit SPD und Grünen ins Verallgemeinernde zu gehen und sich europäische Fensterreden anzuhören, sondern SPD und Grüne auf einen sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie in Niedersachsen festzunageln“.

In Saarbrücken wurden außerdem Zweifel laut, ob eine erfolgreiche Mobilisierung für eine solche Demonstration zur Zeit überhaupt möglich sei. Mangels überzeugender Alternativ -Ideen einigte man sich schließlich doch auf eine zentrale Demonstration.

Der französische Europaparlamentarier der Grünen und langjährige Gegner der Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague, Didier Anger, warnte davor, weiter einen „Gegensatz zwischen Widerstandsaktionen und parlamentarischer Opposition gegen die Atomanlagen“ zu konstruieren. Die WAA La Hague sei mit Aktionen vor Ort jedenfalls nicht mehr zu erschüttern. Dennoch bleibe parlamentarische Gegenmacht auch auf EG-Ebene - immer an den Druck der Bewegungen gebunden. Den französischen Atomgegnern wäre am meisten geholfen, meinte Didier Anger, wenn die zwischen der bundesdeutschen Stromwirtschaft und der französischen Cogema vorbereiteten Wiederaufarbeitungsverträge und deren staatsvertragliche Absicherung in der Bundesrepublik zu Fall gebracht werden könnten.

Mit der Europäisierung der Atomwirtschaft „gräbt sich die Atommafia die Startlöcher für ihr langfristiges Überleben“, befürchtete der Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow -Dannenberg, Wolfgang Ehmke. Einig war man sich in Saarbrücken in der Erwartung, daß der Europäisierung der Atomwirtschaft mittelfristig auch international der Ausstieg aus der Wiederaufarbeitung folgen werde. Die kürzlich von der Stromwirtschaft als Alternative angebotene und von der SPD schon seit Jahren favorisierte „direkte Endlagerung“ sei jedoch kein verantwortbarer Ausweg aus dem Entsorgungsdilemma. In Ermangelung eines Endlagers könne direkte Endlagerung faktisch nur bedeuten, die Zwischenlagerung zur Dauereinrichtung zu machen.

Für Empörung sorgte am Ende der Konferenz eine Initiative des grünen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Daniels. Der hatte am Freitag in Bonn die Bundesregierung aufgefordert, auf die Wiederaufarbeitung auch im Ausland sofort zu verzichten und dies mit dem Vorschlag verknüpft, „direkt endzulagern oder die Atomkraftwerke stillzulegen“. In einer Resolution wurde dem grünen Bundestagsabgeordneten, der an der Konferenz selbst nicht teilnahm, vorgeworfen, mit seiner Initiative „sozialdemokratische Parolen nachzubeten“ und der Anti-AKW-Bewegung in den Rücken zu fallen.

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