Schwarze Kunst

Johannes Gensfleisch zum Gutenberg In der vorletzten Folge unserer Serie stellen wir dem Leser die Haustiere der Setzer, die ja zuweilen auch Marder oder Hamster genannt wurden, vor.

Da gibt es den Frosch, mit dem gleich dreierlei Dinge bezeichnet werden: der verstellbare Teil des Winkelhakens; ein auf dem Deckel der Handpresse festgeklebtes Kartonstück, das dem anzulegenden Papierbogen Halt gibt und schließlich eine buchbinderisch hergestellte Tasche zur Aufnahme von Papierblättern.

Eine bestimmte Ornamentform, „typographische Schnörkeleien“ nach Martin Neubürgers „Praktischem Handbuch der Buchdruckerkunst“ (1841) wurde als Schnecke bezeichnet, wohl weil die Windungen an ein Schneckenhaus erinnern.

Je weiter die Arbeit des Setzers voranschreitet, desto leerer wird der Setzkasten. Dann ist vielleicht der Nachbar um einige Hände voll passenden Materials anzupumpen. Leiht man sich heimlich etwas aus, nennt man das fuchsen.

Bekommt man vom Meister einen Hering, dann hat das mit der in allen Meeren verbreiteten Fischgattung nur den Artenreichtum gemein. Das Wort steht hier für einen Rüffel, eine Kritik vom Vorgesetzten, wobei es - genau wie beim Meereshering - eine Menge Arten gibt.

„Hasenöhrchen“ sind dasselbe wie „Gänsefüßchen“, nämlich Anführungsstriche je nach ihrem Aussehen.

Waschbär wird die Waschanlage zum Säubern der Druckformen genannt. In kleinen Betrieben muß das per Hand gemacht werden. Wegen der benötigten Chemikalien kein reines Vergnügen.

Ist ein Blatt fälschlicherweise nur einseitig bedruckt, redet man von Schimmel. In der Regel ist es ein ganzer Bogen, der auf einer Seite weiß bleibt und als Schimmelbogen bezeichnet wird. (Die taz bekam einst streikbedingt wegen unbedruckter Seiten Ärger mit dem Amtsschimmel der Post. Nach einem Paragraphen des Zeitungsvertriebsgesetzes ist es unzulässig, das zu vertreibende Blatt nur einseitig zu bedrucken. Dann mutiert es nämlich zum Plakat mit ganz anderen Vertriebsbestimmungen.)

Der Stolz jedes Druckers und Setzers ist es, sein Erzeugnis so zu produzieren, daß die Seiten „Register halten“. Darunter versteht man die Deckungsgleichheit der Vorder- mit der Rückseite eines Blattes. Differieren die Zeilen, halten sie also nicht Register, redet man von einem Lausedarm.

Über Läusefraß hat man gelegentlich beim Notendruck zu klagen. Das sind kleine schwarze Flecken, die gelegentlich auf dem Notenblatt auftreten, wenn die vom Graveur bearbeitete Druckplatte Kratzer bekommen hat.

Und bevor wir endgültig in die lausige Gegenwart zurückkehren, legen wir dem Leser nahe, sich in der letzten ortsansässigen Buchdruckerei die geheimnisumwitterten Bleiläuse zeigen zu lassen. Bringt man dem Setzer etwas zu Netzen mit, wird er sicher gern dazu bereit sein.

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