: Neues Ausländergesetz auf Schlingerkurs
Berlin (taz) - Der umstrittene Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums für ein neues Ausländerrecht gerät ins Trudeln. Nach einer Präsidiumssitzung der FDP hat der innenpolitische Sprecher der Liberalen, Burkhard Hirsch, am Montag abend nicht ausgeschlossen, daß der Entwurf angesichts des großen Zeitdrucks noch scheitern könnte. Hintergrund dieser Andeutung sind Meinungsverschiedenheiten zwischen der CSU, der der vorliegende Entwurf noch zu „ausländerfreundlich“ ist und der FDP, die ihrerseits an einigen Punkten noch Verbesserungen für AusländerInnen aushandeln möchte. Hirsch drängte am Montag vor der Presse zwar darauf, daß es doch noch zu einer Einigung kommt und der Entwurf wie geplant in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird. Gleichzeitig appellierte er aber gezielt an die Sozialdemokraten, eine gemeinsame (Kompromiß-)Lösung zu suchen.
Die SPD-Fraktion wird jedoch am Donnerstag der Öffentlichkeit einen eigenen Gesetzentwurf für ein neues Ausländerrecht vorlegen. Ein Gespräch, das die Koalitionsparteien der SPD inzwischen über das strittige Gesetz angeboten hat, werde man sicher nicht ausschlagen, erklärte der SPD-Abgeordnete Gerd Wartenberg gestern gegenüber der taz, „aber der Regierungsentwurf ist für uns nicht akzeptabel. Wir bleiben bei unserem eigenen Entwurf.“
Angesichts der massiven öffentlichen Kritik an dem Gesetzentwurf und den sich abzeichnenden Differenzen zwischen den Koalitionsparteien halten es einige Beobachter in Bonn für möglich, daß das neue Ausländergesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr über die parlamentarische Bühne gebracht wird. Damit das Thema Ausländerrecht nicht in den Bundestagswahlkampf gerät, müßte das Gesetz spätestens bis Mai Bundesrat und Bundestag passiert haben. Dafür wird die Zeit jedoch knapp, vor allem wenn man - wie jetzt die FDP auf einen breiten Konsens der Parteien hofft. Schon in ihrem eigenen Zeitplan ist die Koalition in Verzug geraten. Ursprünglich sollte der Gesetzentwurf am 15. November vom Kabinett beschlossen werden. Diese Entscheidung wurde auf Ende des Monats vertagt. Die Grünen in Bonn werden am heutigen Mittwoch in einem ganztägigen Hearing den Hauptkritikern des Gesetzentwurfs, den Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Gewerkschaften die Möglichkeit geben, ihre Bedenken zu äußern.
Ve.
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