piwik no script img

Radio Bremen muß abspecken

■ Bremer CDU-MdB Neumann hält den Wettlauf um Einschaltquoten für verloren

Das vierte Programm wird gleich eingespart, das dritte fällt mittelfristig weg, die 50 Millionen teure Verlegung der Sendemasten wird verschoben, die nächsten 130 Stellen, die freiwerden, werden nicht wieder besetzt. Ein radikales „Gesundschrumpfungskonzept“ hat der Bremer CDU-MdB Bernd Neumann gestern Radio Bremen verordnet. Denn: Nur, wenn der Sender radikal abspeckt, sieht Neumann Überlebenschancen für RB innerhalb der ARD: „Die dramatische Finanzkrise stellt Radio Bremen mittelfristig vor die Existenzfrage“.

Das drohende Finanzloch - bis 1992 rechnen die Finanzmanager des Senders mit einem Defizit zwischen 40 und 50 Millionen Mark - ist für Neumann mit keiner der bisherigen Krisen -Strategien noch zu bewältigen. Neumann: „Der Werbemarkt bröckelt und wird weiter bröckeln. Der Trend ist nicht mehr umzukehren. Der Wettlauf um Einschaltquoten, bei dem die öffentlich-rechtlichen Anstalten das Programm immer weiter an die privaten anfgepaßt haben, ist nicht zu gewinnen.“ Schon heute seien die Werbesendungen bei Radio Bremen nur noch zu 54 Prozent ausgebucht. Statt auf eine Ausweitung von Werbezeiten, z.B. im Abendprogramm (Neumann: „politisch nicht durchzusetzen, juristisch nicht haltbar“) zu hoffen, sollten sich ARD und ZDF wieder auf ihren ursprünglichen gesetzlichen Auftrag „der Grundversorgung der Allgemeinheit mit Bildung, Information und Unterhaltung“ besinnen. Dann könnten ARD und ZDF auch auf „amerikanische Serienschnulzen“ verzichten und auf teuer eingekaufte Exklusiv-Rechte für Sportereignisse. Langfristig und sobald die private Konkurrenz überall zu sehen sei, solle die ARD ganz auf Werbeeinnahmen verzichten.

Neben Sparmaßnahmen und Veränderungen im Programmangebot hält Neumann auch drastische Einschnitte im Personalbestand beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk für nötig: „Das ZDF hat 3.900 Mitarbeiter, RTL hat 400. Beide machen den ganzen Tag Programm. Da ist das Mißverhältnis doch offensichtlich.“

Dem Radio-Bremen-Direktorium wirft Neumann „Beamtenmentalität“ „Kopflosigkeit“ und „Bunkerhaltung“ vor. Statt auf die Erfolge der privaten Konkurrenz mit eigenen Konzepten zu reagieren, werde kurzatmig mal hier, mal dort quer durch alle Programme gekürzt: „Jedesmal wenn Radio ffn neue Einschaltquotenerfolge vermeldet, guckt RB -Hörfunkdirektorin Sommerey nach, was man von ffn abgucken kann. Und sie macht das gar nicht schlecht. Am Ende weiß bloß niemand mehr, warum wir öffentlich-rechtlichen und privaten Hörfunk wollen. Das Programm ist eh das gleiche.“

Ein finanzielles Trostpflaster hat Neumann sich allerdings für den Bremer Sender ausgedacht. Eine von insgesamt 1,5 Millionen der Bremer Landesmedienanstalt - finanziert aus den „Kabelgroschen“ der Gebührenzahler - könnten dem Bremer Sender zur Verfügung gestellt werden, um die akuten Finanznöte zu lindern. Neumann: „Diese Medienanstalten sind ohnehin nur Pründe für verdiente Parteigenossen. Es ist überhaupt nicht einzusehen, daß Gebührenzahler solche Frühstücksdirektoren-Posten mitbezahlen oder solche circensischen Veranstaltungen wie das Musikfest Bremen.“

K.S.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen