piwik no script img

Fotokunst: Zappenduster

■ Das Fotoforum stirbt in zwei Etappen / Letzte Ausstellung in der Filiale Fedelhören

Kultursenator! Franke!

Nicht zum ersten Mal muß ich hören, daß unter Deiner Ägide eines der verdienstvollen Unternehmen auf dem Gebiete der Kunst in dieser Stadt dahinsiecht. Immer wahrscheinlicher scheint es mir, daß Dir noch nicht zu Ohren kam, daß die darstellenden Künste sich seit 150 Jahren einer neuen Technik bedienen, Bilder auf Papier zu bannen. Einen chemischen Prozeß haben sie sich zu Nutze gemacht, aus der Lichtempfindlichkeit des Oxids kostbaren Silbers den Nutzen gezogen, liniengetreue Abbildungen der Wirklichkeit in praktische zweidimensionale Häppchen beliebiger Größe und Reproduzierbarkeit zu sperren. Fotografie nennt man diesen Vorgang und der gestaltende Umgang damit ist, so sehr Du überrascht sein wirst, Kunst.

Vom langen Arm Deiner Behörde unbehelligt, existiert nun seit acht Jahren eine Gruppe Fotografie-Interessierter, die sich um die Präsentation dieser Kunstform in dieser Stadt einige Meriten erworben hat. Zunächst war das Fotoforum entstanden als eine Gruppe von Fotografen, die durch das Raster so

zialdemokratisch-konservativen Kunstverständnisses fielen und nicht in die soziale Künstlerförderung der Stadt gelangen konnten.

Diese Fotografen taten sich also zusammen, um dem Medium Fotografie, in Bremen eine Lobby zu verschaffen. Sie mieteten sich Räume im Fedelhören und schafften es hier in den acht Jahren bis jetzt auf 88 Ausstellungen, bei denen etwa 120-130 junge Fotografen aus der ganzen Welt sich der bremischen Öffentlichkeit stellten. Das Ausstellungskonzept war mehr das einer Werkstatt denn das einer Galerie. Künstler und Publikum kamen ins Gespräch, die ästhetischen Strategien hinter den Bildern verdeutlichten sich durch die direkte Auseinandersetzung mit sachkundigen Kritikern. Von den Künstlern wurde das in der Regel mit Verwunderung und Begeisterung quittiert. Das Fotoforum hat einen Ruf. Doch damit ist jetzt Schluß. Momentan läuft in den Räumen am Fedelhören die letzte Ausstellung. Der befristete Mietvertrag für die Räume läuft aus, was bedeutet, daß die Miete enorm steigt, denn schließlich ist das Fedelhören mittlerweile zur Schickeria-Meile aufgestiegen. Das Fotoforum muß aus seinen angestammten Räumen raus.

Soweit, Kunstsenator, bist Du kaum verwickelt, der freie Wohnungsmarkt ist schließlich eine Größe, an der auch Du nicht zu rütteln hast. Natürlich könnte

man verlangen, daß Du schon einmal wahrgenommen hättest, welch zartes Pflänzchen mit für unser Oberzentrum ungewöhnlicher überregionaler Reputation hier gedeiht und daß Deine Behörde daran arbeitete, die Spuren künstlerischen Lebens in dieser Stadt zu pflegen. Aber was nicht ist, ist nicht.

Tangiert bist Du aber in dem Moment, wo durch Deine voreilige und millionenteure Initiative dem öffentlichkeitswirksameren Ableger des Fotoforums in der Böttcherstraße zu Gunsten der Neugründung eines betulichen Museums, der Raum weggenommen wird. Damit hast Du zu tun, Du Oberzentrist, wenn das einzige Museum für Kunst, die auch einmal jünger sein darf als Du, eingeht, weil deine Behörde noch nicht spitzgekriegt hat, daß man

mit Fotografie etwas anderes machen kann als Erinnerungsbilder vom Behördenbetriebsausflug. Natürlich gibt es bisher schon einige Lippenbekenntnisse aus Deiner Behörde, daß man auch der Meinung sei, daß das Fotoforum weiterbestehen solle, aber schließlich sei es ja ein privater Verein. Schön scheinheilig das. Klar ist, daß das Fotoforum nur dann weiterexistieren kann, wenn es angemessen große, angemessen zentrale Räume findet, die überdies auch noch bezahlbar sind. Angesichts der Mietpreisentwicklung sind die auf dem freien Markt nicht zu finden. Es wird also entweder deine Behörde sich etwas Handfestes einfallen lassen müssen, oder Du hast das einzige überregional wirkende Museum dieser Stadt auf dem Gewissen.

step

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen