Ausländererlaß: pink statt rot-grün

■ Der Entwurf für einen neuen Ausländererlaß enthält zwar Verbesserungen, verstößt jedoch gegen einen Teil der Koalitionsvereinbarungen / Die Neufassung der Flüchtlingsweisung ist für die Alternative Liste nicht akzeptabel

Von Transparenz war bei der Entstehung des neuen „Ausländererlasses“ nicht viel zu spüren. Seit Wochen wird in der Behörde von Innensenator Erich Pätzold an den „Ausführungsvorschriften zum Ausländergesetz“ herumgebastelt. Nun liegt ein fertig formulierter Entwurf vor. Ob sich die Alternativen in dem 42-Seiten-Papier wiederfinden, darf bezweifelt werden.

Der Entwurf bietet zweifellos einige Verbesserungen gegenüber dem Status quo: Wie in den Koalitionsvereinbarungen festgeschrieben, wird zum Beispiel die Zuzugssperre für Kreuzberg, Tiergarten und Wedding aufgehoben. Eltern, auch wenn sie alleinstehend sind, sollen ihre Kinder bis zum 18. Lebensjahr zu sich holen können, und nicht wie bisher nur bis zum 16. Die Rückkehroption - also die Möglichkeit, sich nach der Rückkehr in das Herkunftsland doch wieder für Berlin zu entscheiden - soll in Zukunft nicht nur für jugendliche ImmigrantInnen gelten, sondern auch für Erwachsene. Allerdings müssen sie ihren Entschluß innerhalb von drei Jahren nach der Ausreise fassen. In den Koalitionsvereinbarungen hatten sich AL und SPD ursprünglich auf eine Fünfjahresfrist geeinigt. Jugendliche, die hier aufgewachsen und mit ihren Eltern in ihr Herkunftsland zurückgekehrt sind, können sich bis zu ihrem 21. Lebensjahr überlegen, wo sie sich mehr zu Hause fühlen. So weit so gut

-die praktischen Hürden, noch von Pätzolds Amtsvorgänger im sogenannten Kewenig-Erlaß aufgestellt, lassen die Verfasser des Entwurfs einfach stehen: So muß ein „Rückkehrer“ schon vor der Einreise entweder den Nachweis über eine Schulausbildung, eine Lehrstelle oder einen Arbeitsplatz und in diesem Fall auch die erforderliche Arbeitserlaubnis vorlegen. All dies von Ankara oder Belgrad aus zu organisieren, ist faktisch unmöglich.

Verbesserungen bietet der Entwurf auch beim sogenannten Familiennachzug. Bislang müssen junge EhepartnerInnen ein Jahr in ihrem Heimatland auf den Nachzug nach West-Berlin warten - vorausgesetzt ihr Partner lebt bereits acht Jahre hier. Diese Wartefrist soll nun abgeschafft werden; zudem sollen Verheiratete, die ihrem Mann oder ihrer Frau nach West-Berlin folgen wollen, in Zukunft ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erhalten; dies ist aber prompt in Gefahr, wenn die Ehe dann nicht mindestens drei Jahre hält - eine Einschränkung, die auch der SPD-Entwurf zu einem Bundesausländergesetz enthält - „zur Unterbindung von Scheinehen“, heißt es dort in der Begründung. Eindeutig gegen die Koalitionsvereinbarungen verstößt der Entwurf bei den „Ausweisungstatbeständen“. „Materielle Not ist kein Ausweisungsgrund“, heißt es kurz und prägnant in den KO -Vereinbarungen. Wie im Kewenig-Erlaß wird daran festgehalten, daß der Bezug von Sozialhilfe zur Ausweisung führen kann.

Als nicht akzeptabel hat die AL bereits jetzt die im Entwurf integrierte Neufassung der Flüchtlingsweisung bezeichnet. Flüchtlinge, die aufgrund der Bürgerkriegs- und Verfolgungssituation - ob mit oder ohne Asyl - ohnehin nicht in ihr Heimatland zurück können, hätten entgegen der ursprünglichen Weisung vom Juni dieses Jahres nur noch dann Chancen für eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie vor dem 1.Dezember 1989 nach Berlin eingereist sind. Libanesen, Iraner oder Tamilen, die später kommen, müßten demnach einen fast aussichtslosen Asylantrag stellen, um dann als De-facto -Flüchtlinge wieder wochen- oder monatsweise „geduldet“ zu werden.

Für die AL-Fraktion gilt rot-grüne Politik zumindest im Flüchtlingsbereich, so die Fraktionsvorsitzende Heidi Bischoff-Pflanz, im Moment „für gescheitert“.

anb