LAST EXIT WEDDING

■ Hubert Selby in Bild & Ton im Sputnik

„Look at that book... amazing...

it's so simple - it's like Beethoven.“ (Hubert Selby über sein erstes Buch

Mauern war ein beeindruckendes Debut; brachiale Gewalt brach sich auf drei Erzählebenen sprachlich Bahn: Selby beschrieb Knast, der Text brannte dem Leser psychotische Phantasien & psychische Deformationen ein. Last Exit Brooklyn war differenzierter angelegt, doch noch immer lag das Hauptaugenmerk des Autors auf dem brutalen, unmenschlichen background seiner Protagonisten. Beim Lesen von Dämon & Requiem für einen Traum schlich sich leises Mißtrauen ein

-der vorwärtstreibende Motor verlor seine Kraft, da wurde Literatur betrieben. Selbys letztes Buch - er selbst hält es für das grundlegendste -Lied vom stillen Schnee ist nett & belanglos, kleine Geschichten kleiner Charaktere mit kleinen psychologischen Motiven.

Im März war Selby zusammen mit Henry Rollins auf Lesetour in Deutschland. Er zeigte sich sehr angetan von der Menschenmenge, die seinen Worten lauschen wollte, & machte auch gleich den Grund für diese „Selby-Renaissance“ aus: „Die Leute wollen Antworten, es verlangt sie nach ehrlichen Antworten. Schau dich um, die ganze Welt leidet an Besessenheit des Geistes. Ich rede nicht von Drogen & Alkohol - was offensichtlich ist. Tue einen Blick auf die politische Situation, auf der niedrigsten wie auf der höchsten Ebene - jedermann ist besessen, jedermann ist paranoid.“

Daß Bernd Eichinger Last Exit verfilmte, davon war er mehr als begeistert. Selby liebte sein Publikum, Bernd („Verstehst du, er ist ein echter maniac!“), die Menschheit. Eichinger läßt den Autor im Film immerhin einen der zentralen Charaktere überfahren. (Tja, nix zu sagen über den Film, doch daß die Geschwindigkeit eines Autos eine literarische Gestalt umbringt, das ist doch ein schönes Bild...).

Heute abend also zeigt das Sputnik Ausschnitte der diesjährigen Lesetour & ein Interview. Dort entsteht ein Bild der Person Selby, nicht des Autors vonMauern und Last Exit. Für viele wird es vielleicht eine Überraschung sein zu sehen, wie tief moralisch der kleine Mann mit den zarten Wimpern & Augen ist. Vielleicht wird er wieder über seinen Vater sprechen, mit dem er nach dessen Tode eins der besten Gespräche geführt hat.

Und noch ein Geheimnis hat mir Selby verraten: „Das Wichtigste zu begreifen ist: Jedes Bewußtsein ist Gott. Es gibt ein einziges Problem im Universum, & das ist Trennung, das menschliche Böse.“

R. Stoert

Heute um 23.30 Uhr im Sputnik/Wedding.