Großplattdeutschland

■ In den Grenzen von 1437. Ein Bericht aus der Oberen Rathaushalle

'Tschuldigung, dütt mutt mol up Hochdütsch schreven warrn.

Es tümelte nicht nur volks-, sondern schon fast völkisch, am

Freitag in der oberen Rathaushalle, wohin ein „Plattdeutsches Seminar“ zu einer „festlichen Veranstaltung“ eingeladen hatte. Die Universität Bremen gab ihren Namen dafür her.

Manche scheint es 500 Jahre - in die Zeit der Hanse zurückgeworfen zu haben, daß sie die letzten 50 Jahre nicht verkraften konnten. Das ist das, was die jüngeren Generationen manchmal davon abhält, sich für den Erhalt und die Pflege des Plattdeutschen zu engagieren:

“...eenmalig op de ganze Welt“ (Plattdeutschland, Plattdeutschland, über ahalles, über alles in derher Welt?)

„Ole Hanseatenspraak“

„...von eener ungewöhnlichen Eenmaligkeit“ ( als wenn es eine Sprache auf der Welt gäbe, die uneinmalig, also mehrmalig ist!)

“...use ole Hanseatenspraak - ja, een kann seggen: Hanse spraak...(Hanse: Städtebund, nicht von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt; aber von London bis Nowgorod, von Wisby bis nach Augsburg,

13. bis 15. Jahrhundert).

(Die Zitate sind wörtlich mitgeschrieben, und die Fehler gehen nicht zu Lasten meiner plattdeutschen Sprachkenntnisse.)

Intellektuellenfeindlich

Diskussionsleiter war Senator a.D. Herbert Brückner. Der kam zwar eine Stunde zu spät, sprach aber jedenfalls halbwegs ordentlich Platt. Anders als die Plattdeutschen Amateur -Funktionäre, die sich berufen fühlen, die Sprache zu bewahren. Sie gerierten sich in gestelzten hochdeutschen Sätzen, die mit einigen plattdeutschen Vokabeln nur mühsam getarnt waren.

Allein in der kurzen gedruckten Einladung kann man - es gibt ja keine verbindliche Rechtschreibung wie bei Dudens, aber doch Wörterbücher und gewisse allgemein anerkannte Vereinbarungen über die Schreibweise - leicht zwanzig Unkorrektheiten erkennen.

Und eine gewisse Intellektuellenfeindlichkeit war auch da: Wenn jemand seinen Diskussionsbeitrag damit begann, daß er

keen Schoolmester sei, bekam er Sonderbeifall. Dabei fanden sie alle, daß man zur Rettung der Sprache bei den Kindern ansetzen müsse, in der Schule oder besser noch gleich im Kindergarten.

Und wie wichtig es sei, mit den Kindern Platt zu sprechen, wurden sie nicht müde zu betonen. Sie aus der Generation, die mit ihren Kindern nie sprechen konnten. Bezeichnend auch das Beispiel eines Sprechers, der erzählte, wie stolz es ihn gemacht habe, als er hörte, wie auf dem Schiff nach Föhr sein Vater mit seinen Kindern plattdeutsch geschimpft habe.

Mumien und Grufties

Eine Ansammlung von Fast-Mumien und Grufties. Ich habe ja sonst durchaus „Ehrfurcht vor schneeweißen Haaren“, aber dem Großen Krümel sei es gedankt, daß das Überleben der liebenswerten und ausdrucksstarken plattdeutschen Sprache nicht davon abhängig ist, daß diese Leute es betreiben. Das Problem löst sich bald ganz von selbst auf natürliche Weise. Berni Kel