: Nachhilfestunde
S T A N D B I L D (Brausepulver, 25.11., 16 Uhr, ZDF) Gut und schön, wenn die Geschichtsstunde so daherkommt wie in Arend Ahthes Die Mine, dem ersten Teil der Fünferserie Brausepulver, die unseren Kindern Nachhilfeunterricht geben will über eine Zeit, in der wir Eltern Kinder waren, und die uns, den Eltern, jetzt näher auf den Pelz rückt.
„Wie in der DDR!“ Und das stimmt wie so vieles nicht, denn eine so großartige Mine mit Todesstacheln wie in Aghtes Film wird nicht mehr angeschwemmt, auch in der DDR nicht, und wo bleibt den Kindern der Lebensraum, in dem sie Platz hätten, ungestört solch ein Drumm zu finden, geschweige denn die Traute zu haben, es als ihr Eigentum zu betrachten, „das Ding gehört mir, ich habe es schließlich gefunden“, und zu zünden: “... jagen wir sie hoch. Das ist die gerechte Strafe, dann kann sie keinem mehr was tun.“
Das sagt Gerd, dessen vater in einer Mine, einer explodierenden, nach dem Krieg verreckte, als Fischer; und für Konrad, Gerds Freund, bleibt unbegreiflich, daß sein Vater gefallen ist und der von Gerd nicht, weil die Mine doch auch zum Krieg gehörte.
Die DDR muß, wie falsch oder richtig auch immer, als Kulisse herhalten, der Part, den in der Rückbesinnung auf die 50er die BRD spielt, ist erschreckender: duselige Wiederversteinerung statt Geschichtsbewältigung. Die Mine zeigt unseren Kindern in der spannenden Handlung, in der trefflich Geschichte mit Geschichten verwoben wird, ganz unverhohlen: daß die Mütter damals nicht willens und nicht in der lage waren und keine Zeit hatten, ihren Kindern vom Schicksal der verlorenen Männer und Väter zu erzählen, vom Schrecken des Krieges. Es bedurfte der Zündung der Mine, um herauszufinden, daß der Stumme vom Strand, von dem der Fremdarbeiter weiß, er sei nicht stumm, er höre bloß schlecht, habe Schlimmes mitgemacht im Krieg, der Obergefreite Bernd Kellermann ist. Das finden, wer sonst, die Kinder heraus, gepeinigt von der Vorstellung, ihn in die Luft gesprengt zu haben.
Man sollte die Eltern der Kinder, für die die Serie gemacht ist, vor den Fernseher zwingen. Diesen Nachhilfeunterricht haben wir allemal nötig. Gerade jetzt.
Rainer Zufall
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