Für Spandau und Berlin

■ Verwirrspiel um die Zukunft des 'Volksblatt‘ / SPD sieht Pluralität auf dem Berliner Zeitungsmarkt gefährdet / Verlegerin dementiert Rückzugsgerüchte

Nach dem Einstieg des Springer-Verlags beim 'Volksblatt‘ im Juni diesen Jahres prophezeiten viele bereits die politische Entmündigung der Zeitung. Vor einigen Tagen kündigte Chefredakteur Hans Höppner sein Ausscheiden an. Nun sorgen Vermutungen für Aufsehen, das 'Volksblatt‘ plane den Rückzug ins heimatliche Spandau.

„Kritischen und engagierten Journalismus“ attestierte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Ditmar Staffelt, gestern der Zeitung. Deren Verbreitung wieder auf den Bezirk Spandau zu beschränken, würde „die ohnehin nicht sehr großen Wahlmöglichkeiten der Berliner Zeitungsleser weiter reduzieren“. Staffelt appellierte an die Eigentümer, die Pläne für eine Regionalisierung noch einmal zu überdenken.

Daß solche Pläne existieren, bestritt postwendend 'Volksblatt'-Verlegerin Ingrid Below-Lezinsky. Was Staffelt da verbreite, empfinde sie als „geschäftsschädigend“, zumal man sie überhaupt nicht dazu befragt habe. In einer Erklärung „in eigener Sache“ verbürgte sich die Verlegerin dafür, weiterhin „uneingeschränkt zur Pluralität der Berliner Zeitungslandschaft“ beizutragen. Below-Lezinsky bestätigte, daß sich das 'Volksblatt‘ redaktionell künftig auch verstärkt um das havelländische Spandauer Umland bemühen wolle.

Hans Höppner, bis Jahresende noch Chefredakteur der Zeitung, war von definitiven Plänen einer Regionalisierung des Blattes nichts bekannt. Anlaß zu Besorgnis gebe es jedoch durchaus, wie er gegenüber der taz erklärte. Höppner, Berlins dienstältester Chefredakteur, hatte vor einigen Tagen sein Ausscheiden aus dem 'Volksblatt‘ bekannt gegeben. Neben anderen Gründen habe ihn seine Befürchtung um eine zunehmende Konzentration der Zeitung auf Spandau dazu bewogen. Ihn beschäftige weniger „die Sorge um die Tendenz des Blattes als um dessen Philosophie - und das, was seine Rolle in Berlin betrifft“.

Wenig Trost schöpft offenbar der Betriebsrat aus den Dementis der Verlagsleitung. Man befürchtet, der Springer -Verlag - mit 24,9 Prozent am 'Volksblatt‘ beteiligt - werde auf Dauer „nicht nur als Mäzen, sondern als Konkurrent“ auftreten. In diesem Fall, so die Betriebsratsvorsitzende Marianne Landsberg, würde sich die Zeitung wieder vornehmlich auf Spandau konzentrieren - ohne Ambitionen auf eine erweiterte Verbreitung in anderen Stadtteilen.

taz