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Naturschutz!?

CSU blockiert Finanzierung der Naturschutznovelle  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Bundesumweltminister Töpfer (CDU) ist endgültig gescheitert, eine Neufassung des Naturschutzgesetzes noch in dieser Wahlperiode zu erreichen. In einer vom Ministerium als „entscheidend“ eingestuften Staatssekretärsrunde lehnte es das Finanzministerium ab, Töpfers Konzept zu finanzieren. Durchgesetzt hat sich die CSU: Als „verfassungswidrige“ und „unkeusche Umwegfinanzierung“ wird im Waigel-Ministerium der Plan bezeichnet, eine mit der Naturschutznovelle verknüpfte Ausgleichszahlung an Landwirte über eine Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ zu finanzieren. Die Finanzierung ist der CSU nur Vorwand, denn die 120 Millionen Mark würden erst 1991 fällig. Die Frage „muß jetzt politisch entschieden werden“, sagt zwar trotzig Umweltsprecher Goeke, doch ein Termin im Kabinett gibt es nicht. Vergeblich blieb auch Töpfers Rücktrittsdrohung. Zu den Verlierern zählt neben der FDP auch Bundeskanzler Kohl. Die in seiner Regierungserklärung vom April dieses Jahres angekündigte Neufassung für diese Wahlperiode läßt sich zeitlich nicht mehr einhalten.

Gegen das Vorhaben hatten bereits Anfang des Jahres die Lobbyistenverbände der Jäger, Angler und Landwirte mobilgemacht. Insbesondere die Bauern protestierten, weil die Landwirtschaft nicht mehr - trotz Artenvernichtung, Pestizidflut und Überdüngung - grundsätzlich als naturschützend eingeordnet werden sollte. Nach den verheerenden Wahlniederlagen der Union im Frühjahr drang vor allem die CSU darauf, die Novelle zu beerdigen. Als erstes auf der Strecke blieb danach Töpfers Plan, die jährliche Vernichtung von 16.000 Hektar Natur durch die Bebauung mit Sportplätzen, Straßen und Häusern mit einer Versiegelungsabgabe zu besteuern. Die Zustimmung zur vorgesehenen Ausweitung von Natur- und Wasserschutzgebieten wollte sich Töpfer vergeblich mit der Ausgleichszahlung an Landwirte erkaufen, die bei einer eingeschränkten Düngemitteleintrag geringere Erträge zu erwarten haben. Kritisiert wurde dies von den Umweltschutzverbänden und den Grünen, die nicht einsehen können, daß Bauern für etwas „Selbstverständliches“ wie den naturgerechten Umgang (Jochen Brauer/Grüne) auch noch Geld erhalten sollen.

In Not gerät auch die FDP, deren umweltpolitischer Sprecher und stellvertretender Parteivorsitzender Gerhardt Baum die Verabschiedung als „dringlich“ einstuft: „Weil wir die Novellierung bereits am Ende der vorigen Legislaturperiode angekündigt haben, werden wir dem Wähler gegenüber unglaubwürdig, wenn wir jetzt nicht handeln“. Ganz abschreiben kann die FDP deshalb das Vorhaben nicht. Man sei auch nach dem Scheitern der Staatssekretärsrunde „wild entschlossen“, das Gesetz durchzuboxen, so FDP-Sprecher Heydeck.

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