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Zum ersten Mal im deutschen Kino:+ZD+17.e

■ „In A Lonely Place“ mit H. Bogart

Und es gibt doch noch einen Film mit Humphrey Bogart, den nicht schon alle kennen. Und er zeigt uns noch eine Ausführung seines zynischen und doch hochromantischen Außenseiters. Als Drehbuchautor Dixon Steele (!) konnte er gänzlich auf seine typischen Manierismen - das Zupfen am Ohrläppchen oder der Daumen am Hosengürtel - verzichten, denn diese Figur war so nah an Bogarts Rolle im realen Leben, daß er den Film später nicht mehr mochte. Wenn das Publikum bei den verbalen und körperlichen Angriffen Steeles auf das Establishment von Hollywood den Bogart erkannte, der sich gegen die McCarthy Hexenjagd engagierte und genauso böse schimpfen konnte, dann könnte es auch denken, er würde Frauen würgen und Fremde auf der Straße halb tot schlagen er wäre genau wie diese Filmfigur.

Dixon Steele ist ein sehr schwieriger Mensch, ein Drehbuchautor, der seine großen Erfolge schon hinter sich hat und dessen größtes Talent scheinbar darin besteht, sich Feinde zu schaffen. Er wird verdächtigt, einen Menschen umgebracht zu haben. Sein Jähzorn und seine paranoiden Ängste zeigen ihn als einen seelisch kranken, unberechenbaren Menschen, in anderen Momenten ist er sanft, charmant und sentimental. Bogart und Regisseur Nicolas Ray halten diese Widersprüche in einer irritierenden Balance: man kann sich bis zuletzt kein genaues Urteil über ihn bilden.

Von dem „einsamen Ort“, in dem Steele sich selbst zerstört, kann ihn für kurze Zeit die Schauspielerin Laurel Grey befreien. Mit ihr kann er wieder arbeiten, hat Hoffnungen und scheint auch seelisch gesund zu werden. Aber der Mord überschattet alles. Angst und Mißtrauen sind die Gefühle, die alle Personen in diesem Film beherrschen und am Schluß ist es kaum noch von Bedeutung, ob der Verdacht berechtigt war.

„In A Lonely Place“ ist kein Film, bei dem die Kultisten Gesten oder Dialogstellen auswendig lernen, kein Hollywoodtraum, bei dem in den Zuschauerreihen die Augen feucht und die Fäuste geballt werden. Aber in diesem grüblerischen Melodram - das gottseidank im Original mit Untertiteln gezeigt wird - ist Humphrey Bogart in einer der besten Rolle seiner späteren Phase zu sehen - und nach allem, was man so liest: so ähnlich muß er wohl gewesen sein.

Wilfried Hippen

Cinema, 20.45 Uhr

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