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Abnehmendes Wirtschaftswachstum

■ Bruttosozialprodukt stieg im 3.Quartal allerdings immer noch um 3,3 Prozent / Hohe Auslandserträge

Wiesbaden (ap) - Das Wirtschaftswachstum in der Bundesrepublik hat sich vom zweiten zum dritten Quartal dieses Jahres von 4,9 auf 3,3 Prozent ermäßigt. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, sorgten eine starke Auslandsnachfrage sowie rege Investitionen im Inland für eine Fortsetzung der nach oben gerichteten Konjunkturentwicklung. Nach Ausschaltung saisonaler Schwankungen und außergewöhnlicher Kalendereinflüsse sei das Bruttosozialprodukt von Juli bis September im Vergleich zum zweiten Quartal 1989 um ein Prozent gestiegen.

Das Sozialprodukt als der Gesamtwert der Wirtschaftsleistung, die von allen in der Bundesrepublik lebenden Menschen erbracht wird, übertraf sein jeweiliges Vorjahresergebnis im ersten Quartal 1989 um real - das heißt preisbereinigt - 4,4 Prozent, im zweiten um 4,9 Prozent und im dritten Vierteljahr um 3,3 Prozent. Für das Gesamtjahr wird ein Wirtschaftswachstum von etwa vier Prozent erwartet. Die Abschwächung der Jahressteigerungsrate beruht nach Darstellung des Statistischen Bundesamts auf Saison- und außergewöhnlichen Kalendereinflüssen. Wenn diese rechnerisch ausgeschaltet werden, ergibt sich von Quartal zu Quartal eine Veränderung des Bruttosozialprodukts in diesem Jahr von plus drei Prozent über minus 0,5 Prozent auf plus ein Prozent im Zeitraum von Juli bis September.

Als bemerkenswert bezeichnete die Behörde, „daß das im ersten Quartal vor allem aufgrund der außergewöhnlich milden Witterung sehr hohe Niveau der wirtschaftlichen Aktivität im zweiten Quartal nur geringfügig unterschritten und im dritten Quartal noch übertroffen wurde“. Die „gute wirtschaftliche Entwicklung“ habe auch zu einer deutlichen Abnahme der Arbeitslosenzahl um 10,4 Prozent binnen Jahresfrist geführt.

Als Sondereffekt habe sich erneut der starke Zustrom von Kapitaleinkommen aus dem Ausland bemerkbar gemacht, betonten die Statistiker. So stiegen die Erträge aus im Ausland angelegten Geld vom zweiten zum dritten Quartal um 30 Prozent. Ohne diesen Geldfluß betrug die Jahressteigerungsrate des sogenannten Bruttoinlandsprodukts nur 2,7 Prozent.

Die wichtigsten Impulse der Konjunktur gingen erneut von der Auslandsnachfrage und dem Investitionsboom im Inland aus. Die Ausfuhr nahm im Vergleich zum dritten Quartal 1988 um real 9,0 Prozent zu, die Einfuhr hingegen nur um 4,2 Prozent. Der sogenannte Außenbeitrag, die Differenz von Ausfuhren und Einfuhren, war damit um 7,3 Milliarden Mark höher als im Vorjahreszeitraum. Die Bruttoinvestitionen der Inlandsunternehmen stiegen im dritten Quartal mit einer überdurchschnittlichen Jahresrate von 5,0 Prozent, während sich der private Verbrauch nur um 1,1 Prozent erhöhte. Die Staatsausgaben gingen in Jahresfrist sogar um 1,3 Prozent zurück.

Im nächsten Jahr will das Statistische Bundesamt das Modell für eine Art Ökosozialprodukt vorstellen, in das erstmals auch die ökologischen und sozialen Kosten der Produktion in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung eingehen sollen.

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