: „Wiedervereinigung“ an der FU
■ Im Akademischen Senat gab es eine Koalition aller politischen Gruppierungen gegen die Wissenschaftsverwaltung / Streit um die Sondermittel aus dem Studentenstreik / Es geht um 11,9 Millionen
Auf der Höhe der Zeit präsentierten sich die Hochschulpolitiker der Freien Universität auf einer außerordentlichen Sitzung des Akademischen Senates am Dienstag: Nach jahrelangem Grabenkrieg hatten sich rechte und linke Gruppierungen endlich wiedervereinigt. Katalysator der FU-eigenen Wiedervereinigung ist die rot-grüne Koalition, gegen deren Auflagenbeschluß zur Vergabe von Sondermitteln der Akademische Senat eine fast einstimmige Protestresolution verabschiedete.
Die außerordentliche Akademische Senatssitzung war einberufen worden, weil die Regierungskoalition angekündigt hat, 23,7 Millionen Mark von den nach dem Studentenstreik bewilligten Sondermitteln sperren zu lassen, wenn die Hochschulen nicht bestimmte Auflagen erfüllen. Vor allem sollen sie die Verteilung der Gelder transparenter machen. Die Drohung der Koalition zielt vor allem auf die FU, für die bei einer Sperrung 11,9 Millionen Mark auf dem Spiel stehen.
Die Koalitionsparteien befürchten, daß die Millionen in den einzelnen Fachbereichen der FU versickern. Um Studienreformen habe sich die FU wenig gekümmert, wirft die AL ihr in einer Presseerklärung vor: „Die Studierenden werden mit Projekttutorien abgespeist und befriedet. Ansonsten werden die 1990 neu zu verteilenden Mittel fast ausschließlich zur Verringerung von Überlast über die Fachbereiche verteilt.“
Kernpunkt des Streites ist die Art und Weise, wie in der FU die Sondermittel verteilt worden sind. Eine Umfrage bei studentischen Projekten ergab, daß diese nicht über die Möglichkeit informiert waren, Fördermittel für weitergehende Studienreformprojekte - etwa Modellstudiengänge - zu beantragen. Auch in der FU-Verwaltung wird Kritik daran geäußert, daß nur für die Projekttutorien eine Kommission eingerichtet und ein förmliches Auswahlverfahren durchgeführt worden ist. Die übrigen Gelder würden „nach Gutsherrenart“ vom Präsidialamt verteilt.
Der Akademische Senat hatte zwar formell über die Vergabe der Gelder entschieden. Im Vorfeld hatte es jedoch keine universitäts-öffentliche Ausschreibung gegeben, die einen Wettbewerb verschiedener Initiativen ermöglicht hätte. Vielmehr war ein „Paket“ geschnürt worden, bei dem die verschiedenen Interessen der politischen Gruppierungen berücksichtigt wurden.
In der Sitzung des Akademischen Senats protestierten alle Gruppen gegen die drohende Finanzsperre - mit Ausnahme der Studenten, die in der Androhung eine Chance sehen, die unübersichtlichen Strukturen bei der Mittelverteilung aufzubrechen. Gleichzeitig erfüllt der Akademische Senat eine zentrale Bedingung für die Freigabe der 11,9 Millionen Mark: Er beschloß die Einrichtung einer Kommission für Studium und Lehre (LSK), die für Glasnost bei der Mittelverteilung sorgen soll.
Ein halbes Jahr lang war aber die Einrichtung dieser Kommission im Akademischen Senat der Freien Universität hinausgezögert worden. Wie wirksam sie arbeiten kann, steht allerdings noch dahin. Die LSK kann nicht - wie die Verwaltung vorgeschlagen hatte - selbst die Förderung von Studienreformprojekten beschließen, sondern nur die Empfehlungen für die Haushaltsberatungen des Akademischen Senats aussprechen.
wist
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