: Deutsche Kommunisten stoßen VVN in die Pleite
DKP entzieht der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes . Bund der Antifaschisten“ die Gelder / VVN-Präsidium leugnete bislang eine Fremdfinanzierung / Ende der Vereinigung als Bundesorganisation steht bevor / Finanzhof Stuttgart erkennt Gemeinnützigkeit an ■ Von Karl Kropotnik
Berlin (taz) - Die traditionsreichste und mitgliederstärkste antifaschistische Organisation in der Bundesrepublik steht vor dem Ruin. Die DKP hat die finanzielle Unterstützung der 1947 gegründete „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes . Bund der Antifaschisten“ (VVN-BdA) gestoppt. Damit ist die Finanzierung der VVN-BdA nicht mehr gesichert. Jahrelang hatte deren Präsidium auch gegenüber den eigenen Mitgliedern und hauptamtlichen Beschäftigten eine Fremdfinanzierung durch die DKP abgestritten. Als die Mitarbeiter die Nachricht auf der erweiterten VVN-Sekretariatsbesprechung am Dienstag erfuhren, waren sie schockiert. Das Führungsgremium mußte zugeben, daß es die Mitglieder jahrelang belogen hatte. Jetzt soll ein Sozialplan für die etwa 50 Beschäftigten erarbeitet werden.
Noch auf der letzten VVN-Bundesvorstandssitzung im November in Springen (Hessen) hatte es massive Nachfragen nach der Finanzlage der 15.000 Mitglieder starken Organisation gegeben. Einziger Kommentar dazu von Generalsekretär Kurt Erlebach: „Es gibt keine Fremdfinanzierung.“ Erlebach, gleichzeitig Mitglied des DKP-Parteivorstands, betonte, die VVN-BdA trage sich überwiegend durch Mitgliedsbeiträge (durchschnittlich 6 DM monatlich), Spenden von „alten Kameraden“ und einige wenige Spenden von außerhalb. Eine genaue Offenlegung der Finanzen hat es in der Vergangenheit bei der VVN-BdA jedoch nie gegeben. Dementsprechend überrascht waren die Beschäftigten und auch die Bundesvorstandsmitglieder, davon zu erfahren, daß ihre Organisation von DKP-Geldern existentiell abhängig ist. Nachdem die DDR ihre Subventionen für die DKP storniert hat, muß die Partei jetzt die verbleibenden Mittel für die ihr nahestehenden Organisationen und Publikationen neu ordnen. Eher dem „Reformerflügel“ zuzuordnende Teile wie die 'Deutsche Volkszeitung‘, das Institut für Marxistische Studien und Forschungen und der Pahl-Rugenstein-Verlag sowie Bündnispartner wie die Deutsche Friedensunion und jetzt die VVN-BdA müssen ins Gras beißen. Vorerst verschont bleiben die 'Marxistischen Blätter‘, die gewerkschaftlich orientierte 'Nachrichten-GmbH‘. Die Parteizeitung 'Unsere Zeit‘ erscheint nur noch wöchentlich.
Von der Streichung der Gelder für die VVN-BdA ist vor allem die Zentrale in der Frankfurter Rossertstraße mit 30 Hauptamtlichen betroffen. Auch das „Neofaschismus-Archiv“ und die dazugehörige Materialbeschaffung sowie die Mitgliederzeitung 'Antifaschistische Rundschau‘ und der „Presse- und Informationsdienst“ sind direkt betroffen. Mit dem Wegfall der Zentrale in Frankfurt ist der Status der VVN -BdA als Bundesorgansiation gefährdet. Die Landesorganisationen sind nur mittelbar betroffen. Jedoch werden nur solche Landesverbände mit hauptamtlichen Mitarbeitern und Geschäftsstellen überleben können, die über entsprechend viele Mitglieder verfügen wie zum Beispiel Nordrhein-Westfalen. Andere, wie Bayern, Schleswig-Holstein oder Rheinland-Pfalz, stehen vor dem Ruin. Die von Generalsekretär Erlebach vorgeschlagene Kündigung aller VVN -Mitarbeiter zum 31.12.89 lehnten die Beschäftigten ab.
Der baden-württembergische Landesverband der VVN hat den Prozeß um die Anerkennung der Gemeinnützigkeit gewonnen. 1985 war den Antifaschisten von den Stuttgarter Finanzbehörden wegen ihres Engagements gegen Berufsverbote und Raketenstationierung die Gemeinnützigkeit aberkannt. Das Gericht entschied nun, daß diese politischen Aktivitäten gegenüber der gemeinnützigen Hauptaktivität zu vernachlässigen seien.
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