: Drogen im Kaffee
■ Nach Meinungsverschiedenheiten mit Honecker kam das ehemalige Politbüromitglied Häber in eine Nervenklink
Ost-Berlin (ap)- Die frühere SED-Führung ist auch mit Kritikern in den eigenen Reihen nicht zimperlich umgesprungen: Das ehemalige Politbüromitglied Herbert Häber sagte in einer Sondersendung des DDR-Fernsehens, er sei im Januar 1986 in die geschlossene Anstalt einer Nervenklinik als „hoffnungsloser Fall“ eingeliefert worden. Häber ließ durchblicken, daß die Anweisung von Honecker gegeben worden sei. Häber war nach offiziellen Angaben vom Mai 1984 bis zum November 1985 Mitglied des SED-Führungsgremiums und verantwortlich für die Beziehungen zur BRD. Derzeit wurde verlautbart, Häber habe Krebs und sei aus gesundheitlichen Gründen abgetreten. Häber sagte in der Jugendsendung elf 99, er habe im Sommer 1985 nach Meinungsverschiedenheiten mit Honecker einen Nervenzusammenbruch gehabt. Er habe dann im September 1985 aus dem obersten SED-Leitungsorgan ausscheiden müssen, nachdem er angesichts der Veränderungen in der UdSSR Probleme für seine eigene Arbeit vorausgesagt hatte. Damals habe er Honecker einmal gefragt, ob er seine Meinung nun sagen solle oder nicht. Das habe ihm den Vorwurf eingetragen, „klüger als der Generalsekretär“ sein zu wollen. Sein Rücktrittsgesuch habe er dann selbst geschrieben. Am 5.Januar 1986 habe er noch einmal mit Honecker telefonieren wollen. Ihm sei die Antwort gegeben worden, er solle sich noch einmal ins Regierungskrankenhaus nach Ost-Berlin-Buch begeben. Häber sagte, er sei ahnungslos in das Krankenhaus gefahren, ihm sei Kaffee angeboten worden, und man habe man ihn schließlich gebeten, doch über Nacht zu bleiben. Häber deutete an, daß er dort mit Psychopharmaka behandelt worden sei. Er habe erst beim Besuch seiner Frau erfahren, daß bereits ein ganzes Wochenende vergangen sei. Man habe ihn danach gebeten, auf eine Trage zu steigen. Auf seine Frage, wohin es gehen solle, habe er die Antwort bekommen, das dürfe man ihm nicht sagen. Er habe sich dann in der Nervenklinik Bernburg wiedergefunden. Vom dortigen Chefartzt habe er erfahren, er sei als „hoffnungsloser“ Fall eingeliefert worden.
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