: Angst vor links
SED-Organ moniert überholte Führungsstruktur der Partei / Bayrisches Dorf nicht länger geteilt ■ E R E I G N I S D D R
Über 235.000 DDR-BürgerInnen haben zum Stift gegriffen und den Aufruf „Für unser Land“ unterzeichnet, in dem sich namhafte Persönlichkeiten für eine sozialistische Alternative zur BRD aussprachen. Im Namen einer Initiative Demokratie Entwickeln (IDEE) wünschen unter anderem Freya Klier und Stephan Krawczyk den DDRlern freie Wahlen und freie Volksentscheide, die in die Verfassung aufgenommen werden sollen. Muffensausen bekam die in der letzten Woche in Rostock gegründete „Freie Deutschen Union“ (FDU). Die an der bundesdeutschen CDU orientierte Gruppe fürchtet ein breites Linksbündnis in der DDR.
Die Mauer kriegt in der Tat immer mehr Löcher. Im bayrischen Landkreis Coburg sollen am Wochenende drei neue Übergänge eröffnet werden. In dem geteilten Dorf Mödlareuth, ebenfalls Bayern, wurde gestern die Mauer aufgebrochen und Sperranlagen abgeräumt. Auch im Luftverkehr geht's zügig vorwärts: Die Lufthansa darf ab sofort die Stecke München -Leipzig befliegen, die DDR-Gesellschaft Interflug die zwischen Dresden und Hamburg. Weniger zügig entwickeln sich die Dinge auf der Schiene. Der Vorsitzende der Eisenbahner -Gewerkschaft appellierte an die Bundesregierung, den Zugverkehr zwischen beiden Staaten schleunigst wiederzubeleben, damit die Bahn nicht in einen Wettbewerbsnachteil zu den anderen Verkehrsmöglichkeiten gerät.
Abgerüstet wird auch im Dschungel der Polit-Gremien. Das SED-Zentralorgan 'Neues Deutschland‘ forderte die Abschaffung der Führungspositionen im Parteiapparat. „Wozu brauchen wir ein Politbüro, wenn wir die SED in eine demokratische Partei verwandeln?“ hieß es in dem Blatt. Auch das Zentralkomitee und der Generalsekretär werden als Überbleibsel eines strukturellen Stalinismus gegeißelt.
b.s.
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