: Dinosaurus, Dinosaura
■ Britta Lieberknechts Multi-Media-Tanz-Performance „Dinosaurier“
Es wird dunkel, es wird still: das Licht geht wieder an, da liegt auf der nackten Bühne, die begrenzt wird von drei ein halbes Rhombus bildenden - weißen Wänden, der Dinosaurus, die Dinosaura Britta Lieberknecht.
Noch ehe sie sich rühren könnte, erzählt ihre Stimme via Tonband vom Bedrohtsein der Welt durch unseren Umgang mit ihr. Ich höre - und merke zugleich: ich gehe, noch ehe das Stück in meinen Augen begonnen hätte, auf Distanz. Der Text, den ich höre, ist ohne Suggestivkraft; er ist atmosphärelos, belehrend. Ich fühle mich unversehens vom Theater in die Volkshochschule versetzt. Und dies Unbehagen löst sich nicht mehr auf, obwohl mir manche Szenen, Bilder, Einfälle gut gefallen haben.
Britta Lieberknecht macht nicht einfach Tanztheater, sie
macht, zusammen mit den„Technicians“, eine Multimediashow mit Tanz, Musik, Texten und Dias. Wie Britta Lieberknecht dabei die Dias einsetzt, ist witzig und amüsant: man sieht Dinosaurier mit bedrohlich aufgerissenem Maul und aggressiv gereckten Hörnern - allerdings keine naturkundlich rekonstruierten, sondern diese kleinen, häßlichen Gummiviecher aus den Überraschungseiern.
Und mit diesen nun kämpft Britta Lieberknecht, wobei ihre Techniker Reinhard Gerum und Birgit Freitag die Diaprojektoren schwenken, damit hin-und herrennen und schauerliche Urlaute dazu ausstoßen, daß es ausschaut, als sei Britta Lieberknechts getanzter Saurier plötzlich in einen Zeichentrickfilm geraten.
Manchmal hingegen fungieren Dias und Musik als atmosphäri
sches Bühnenbild. Da wird zum Beispiel die Bühne in ein diffuses, dschungelgrünes Licht getaucht, und darin kriecht, robbt, rutscht, schlängelt, schwimmt Britta Lieberknecht und richtet sich langsam zu halbwegs aufrecht gehenden Zweifüßlern auf: die Evolution der Riesenechsen. In diesen Bildern erzählt sie tänzerisch eindrucksvoll und zugleich ganz unmittelbar, was ihr als Botschaft am Herzen liegt: daß die Saurier und ihr Untergang eine Metapher für uns sein könnten.
Aber sie vertraut auf diese Wirkung nicht. Und darum präsentiert sie noch kommentierend vom Tonband Klartext, reckt sie den Zeigefinger, warnt vor Atomkrieg, Gentechnik und möglichen Mutationen. Womit sie aber die Bilder in eine stringente Fabel zu binden meint, damit erschlägt und ver -hebt sie sie zugleich in eine metaphorische Höhe, in der diese ihren Witz einbüßen, an Tiefsinn aber nicht gewinnen. Christine Spies
Weitere Vorstellungen sind vom 15.-17./25.-28.12. zu sehen im freiraum-Theater, Grundstraße
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen