piwik no script img

Mit dem West-Müll über die Ost-Dörfer

■ Drei DDR-Deponien nehmen den Westberliner Wohlstandsmüll auf / Dafür kassiert die DDR jährlich 100 Millionen Mark

Vier Millionen Tonnen Müll und Schutt: Das bleibt jedes Jahr vom Westberliner Wohlstand. Nur ein verschwindender Anteil, nämlich 400.000 Tonnen, bleibt in der Stadt, wo ihn die BSR in der Verbrennungsanlage Ruhleben verfeuert. Der Löwenanteil des Wohlstandsmülls dagegen landet auf drei großen Deponien in der DDR.

Allein auf der Müllkippe in Schöneiche, etwa 20 Kilometer südlich von Berlin, werden jährlich 600.000 Tonnen Hausmüll abgeladen. Von morgens um 8 Uhr bis abends um 9 donnert alle drei Minuten ein BSR-Mülltransporter durch die benachbarte 500-Seelen-Gemeinde Gallun zur Deponie. Erst am Donnerstag wurde bekannt, daß Giftstoffe aus der seit 1977 genutzten Deponie nicht nur in das Grundwasser sickern, sondern auch die Trinkwasserbrunnen von Gallun bedrohen.

Westlich von Berlin im Landkreis Nauen steht seit 1976 die DeponieVorketzin. Hier kippt die BSR jährlich 400.000 Tonnen Hausmüll ab. Außerdem landen hier zur Zeit 25.000 Tonnen Giftmüll. Auch hier ist das Grundwasser, wie jetzt bekannt wurde, kontaminiert. Acht Trinkwasserbrunnen einer Wochenendsiedlung mußten die Behörden bereits sperren. Havelschiffe transportieren außerdem seit 1975 jährlich 2,3 Millionen Tonnen Bauschutt auf die Müllkippe in Deetz, ebenfalls nahe Ketzin. Jährlich je 325.000 Tonnen Bauschutt und (teils verseuchten) Bodenaushub schickt der Senat daneben nach Schöneiche und Vorketzin.

Ein 1974 zwischen der DDR-Außenhandelsfirma „Intrac“ und der Senatsfirma „Berlin Consult“ abgeschlossener Langfristvertrag regelt noch bis Ende 1994 die Müllexporte. Das Geschäft ist für West-Berlin bequem und für die DDR einträglich. Zur Zeit kassiert das Außenhandelsunternehmen Intrac, das bis vor kurzem zum Imperium des Devisenstaatssekretärs Schalck-Golodkowski gehörte, für Westberliner Müllimporte jährlich über 100 Millionen Mark (brutto).

hmt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen