: Studis: „Wir sind das Volk“
■ Aktionstag der Hochschulen: Verregnet bis originell
Der „landesweite Aktionstag“ der Bremer Hochschulen fand gestern im Regen statt - sofern er nicht ganz in den Regen fiel. Die Streiks in den vergangenen beiden Semestern hatten zu einer deutlichen Aktionsmüdigkeit geführt. Für das originellste Highlight sorgten Studierende der „Hochschule für Künste“. Sie hatten sich in die frischüberdachte Lloyd -Passage bei Karstadt zurückgezogen und diesen von den Einzelhändlern so geliebten Ort, der eigentlich nur das Einkaufen trockenen Fußes gewährleisten soll, eine neue Funktion abgewonnen - als halbwegs trockene Galerie für die Aktionskunst an Regentagen. Ausgebreitet und mit Abtönfarbe bemalt, hatten sie eine 70 Meter lange Papierrolle. Darauf zu sehen: die Geschichte vom Studenten Joseph und der hochschwangeren Studentin Maria, die unter der Wohnungsnot bitter zu leiden haben: „Das geschah zu der Zeit, da Franke Senator zu Bremen war.“
StudentInnen des Fachbereichs Sozialwesen hatten sich eine Aktion ausgedacht, die sie mangels Masse jedoch nicht zur vollen Zufriedenheit ausführen konnten. Mit knapp vierzig gutgelaunten RadlerInnen und FußgängerInnen gelang es ihnen nur, ein Drittel der Kreuzung „Stern“ für den übrigen Verkehr kurzfristig zu sperren. Sie demonstrierten gegen die Pläne des Senats, ihren Fachbereich vom Unigelände in die Neustadt umzusiedeln. Eine Kommission, die seit einem halben Jahr zu dieser Frage tagt, hatte räumliche Zugeständnisse für den Fachbereich Sozialwesen erreicht. Doch diese Kompromisse sind den Sozialwesen-StudentInnen nicht weitgehend genug, zumal sie auf Kosten der in den Neustädter Gebäuden beheimateten Technik-StudentInnen gehen werden. Der Rektor der Fachhochschule, Ronald Mönch, der sich mit Uni -Rektor Timm um 13 Uhr vor der Bürgerschaft zu einem kleinen Protest-Talk verabredet hatte, konnte die StudentInnen beruhigen: Ein solch teurer Umzug käme, „wenn überhaupt, dann frühestens 1992“ in Frage. Denn zunächst einmal müsse der Investitionsbedarf der technisch veralteten Hochschule in Höhe von 25 Millionen Mark gedeckt werden. Uni-Rektor Timm forderte für die Universität 2.000 Studienplätze und 400 Stellen mehr. Die Uni müsse anbauen, aber nicht um überfüllte Studiengänge wie Wirtschaftswisssenschaft weiter zu vergrößern, sondern um neue Studiengänge wie „Sicherheitswissenschaften“ aufzumachen. Nachdem sie ihr „Weihnachtsessen“ samt Dessert in der Mensa aufgegessen hatten, erschienen zwei Stunden nach den Rektoren auch über 200 StudentInnen vor der Bürgerschaft. Sie riefen „Wir sind das Volk“.Bildungssenator Franke erklärte: „Wenn von 18.000 Bremer Studentinnen und Studenten nur eine Handvoll für den Hochschulausbau auf den Marktplatz geht, schadet das mehr als es nutzt.“ Ein Student zur mangelnden Präsens: „Es regnet!“
B.D.
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