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Chinesen „lachen zu Hause“

■ Der chinesische Generalkonsul sprach im Parkhotel vor Bremer Unternehmern

Erst ein halbes Jahr her und schon längst verdrängt. Foto: Wolfram Steinberg

China ist seit Monaten nicht nur medienmäßig weg vom Fenster, da sind uns doch etliche Hemden näher als diese alte Jacke. Auch die (Freie Markt-) Wirtschaft zeigt sich seit dem Massaker vom Juni erschreckt und scheu. Zehn Jahre nach der Öffnung Chinas ist das Land mit den 1,1 Mrd. Einwohnern politisch isoliert und wirtschaftlich in einer heftigen Krise. Und seit die Hermes-Bürgschaft, eine Art Bundes-Garantie für riskante Auslandsinvestitionen, China entzogen ist, hält sich die BRD-Wirtschaft im fernen Osten bedeckt.

Vor diesem Hintergrund organisierte der Wirtschaftsrat der CDU (Bremen) einen Vortrag des Generalkonsuls der VR China für die Küstenländer, Wang Taizhi, vor geladenen Unternehmern. 13 kamen ins Parkhotel, schon ein Hinweis auf das magere Interesse am China-Geschäft: Krupp Atlas, Roland Mühle, Industrieofenbau, Systemberater und die Landeszentralbank wollten etwas zu den innenpolitischen Problemen und über die Gründe hören, warum sich Engagement in China lohnt.

Herr Wang schaffte zweierlei: Trotz Nachfragen vermied er jede Äußerung zum Juni-Massaker und beschwor lediglich die immerwährende wirtschaftliche Reform. Sodann malte er die Situation Chinas in so düsteren Farben, daß man fast an eine realistische Darstellung glauben mochte. Die Phase der Öffnung für westliches Kapital brachte China schon 1984 eine „Überhitzung“, eine Expansion der Konsumgüterindustrie zu Lasten der Rohstoffe und der Landwirtschaft. Heftiger Import führte in der Folge zu massiven Devisenproblemen. Was in den nächsten drei Jahren laufen muß, so Wang, sei eine Phase der Konsolidierung. Klartext: Notbremse, Importdrosselung, Konsumnachfrage „eindämmen“, weniger Geld drucken, progressive Steuern für Taxifahrer, die das Zehnfache eines Professors verdienen.

Solche Töne hört auch die Bremer Wirtschaft ungern, deren Ostasien-Geschäftslust der Generalkonsul durch viel Winden und Beschwören von Plattheiten gewiß nicht anfachen konnte. Eine Boom-Bremse reduziert die Gewinnspannen, „Schluß mit Luxusgütern“ macht manchen Deal kaputt. Und das Wort von der „Makroökonomischen Kontrolle“, lebt darin nicht ganz ungeniert der Plan? Die West-Vorschläge: Entscheidet Euch für den Markt! Am schlimmsten sind die Mischsysteme. Hört auf, Eure Manager durch die Partei zu gängeln. Lernt erst mal Bilanzen erstellen.

Herr Wang bestand auf dem „eigenen chinesischen Weg„; selbst die Sowjetunion sei von China aus „europäisch“, die Bewegungen in Osteuropa für China irrelevant. Und im übrigen seien die Chinesen in Wahrheit gar nicht unzufrieden. Es gebe daheim einen Witz: „Die Menschen schimpfen auf der Straße und lachen zu Hause.“

Burkhard Straßman

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